Dienstag, 1. August 2017

Zehn Songs im Juli 2017 (mit Wrackspurts, the National, Exit.Sun, Joey Bada$$, Mogwai, Wanda und und und)

1. CHAD VANGAALEN
Pine & Clover

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Vielleicht ist Chad VanGaalen für mich schon immer der bessere Mac DeMarco gewesen, aber spätestens mit diesem Track hat er sich nachhaltig bei mir eingeprägt. Die Leadsingle zu seinem im September erscheinenden neuen Album ist softe Psychedelik mit ordentlich Chill-Faktor und einem Video, das vier Minuten lang Cartoon-Träume wahr werden lässt. Das passt natürlich irgendwie sehr gut zum Sommerloch 2017 und ist an sich auch weder neu noch besonders, aber es erfüllt eben auch seinen Zweck. Nämlich den, dass man sich auch mal in so einen Song fallen lassen kann.

2. AZEALIA BANKS
Escapades V.2 (Stereo Mix)
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Man kann ja vieles über Azealia Banks sagen, aber sie ist auch 2017 immer noch für Überraschungen gut. Zum Beispiel, dass sie vor ein paar Wochen endlich mal wieder mit einem richtig genialen Song um die Ecke kommt, der mir nicht nur ein weiteres Mal erfolgreich das Seapunk-Package aus der Kreidezeit verkauft, sondern der für ihre Verhältnisse auch noch wahnsinnig experimentell ist. Der Minimal House im Beat klingt wahnsinnig geil nach 2001, dazu singt Banks mit kaputter Soul-Stimme eine komplett verrückte Hook und auch wenn das alles auf dem Papier so gar nicht funktioniert, ist der Song einfach nur klasse. Sorry Not Sorry.

3. WRACKSPURTS
Unook

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Ich freue mich extrem, diesmal eine ganze Reihe befreundeter Künstler*innen in diesen Post schreiben zu können, so wie beispielsweise Wrackspurts aus Leipzig. Die haben gerade eben ihre neue EP Die Welt, die nicht mehr ist wie sie nie war veröffentlicht, die ich an dieser Stelle auch noch mal jedem empfehlen kann, doch Unook war für mich das große Highlight der Platte. Wie der Grungerock der drei hier zwischen Grantigkeit und Leichtigkeit changiert, ist ein Kunststück, das Wrackspurts hier nicht zum ersten Mal zustande bringen, aber eben für sich ganz neu formulieren. Für alle anderen, die die Band jetzt nicht in- und auswendig kennen, bleibt trotzdem noch das fantastische Eingangriff und die wie immer grandiose Gesangsperformance.

4. THE NATIONAL
Guilty Party

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Ich war zuletzt immer etwas enttäuscht vom Output dieser Band, deswegen ist es für mich eine unglaubliche Befreiung, mit Guilty Party mal wieder einen "richtigen" National-Song zu hören. Die zweite Single vom neuen Album hat irgendwie wieder all die Dinge an sich, die ich und sicherlich viele andere an ihrer Musik so mögen: die leichtfüßige Instrumentierung im Kontrast zu Matt Berningers tiefschwerer Stimme, die kleinen großen Melodien, das erdende Klavier in der zweiten Strophe und so weiter. Man erlebt hier einen eher konservativen Track der New Yorker, aber zumindest ich habe den genau jetzt sehr nötig gehabt. Da habe ich wenigstens ein bisschen Bock auf das kommende Album.

5. JOEY BADA$$
Too Lit
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Dass Joey Bada$$ in soften, organischen Beats großes Potenzial gefunden hat, wissen wir eigentlich schon immer. Deshalb war es für mich auch eine Riesensache, vor einigen Wochen drei neue Songs von ihm zu hören, die von niemand geringerem als Statik Selektah produziert wurden. Alle davon pushen die stilistischen Grenzen, die sich der Rapper bisher gesteckt hat um ein vielfaches und sind deshalb auch nicht immer einfach. Doch gerade im Fall von Too Lit wirkt sich das unglaublich positiv auf den Gesamteindruck aus. Eine Bada$$-Autotune-Hook über diesem großartigen Sample von Elis Regina zu hören, ist erstmal eine krasse Sache, aber wird sehr schnell zum Hochgenuss. Und als klangliche Ergänzung zum sowieso schon genialen neuen Album absolut Gold wert.

6. MOGWAI
Party in the Dark
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Eine noch krassere Stilverwirrung als Joey Bada$$ hatten vor ein paar Wochen sicherlich nur Mogwai-Fans, die mit dem ersten Stück ihrer Lieblingsband konfrontiert wurden, das Gesang endgültig in den Hauptfokus des Songwritings rückt. Schon zuvor gab es bei den Schotten ja ab und zu ein paar verzerrte Zeilen als Gestaltungsmittel, aber Party in the Dark ist dann doch etwas anderes. Dieser Track hat nicht nur zwei komplette Strophen, sondern auch noch eine wahnsinnig eingängige Hook, um die sonst auch jede gute Indiepop-Band nicht verlegen wäre. Das Ergebnis kann sich indes sehen lassen: Gleich beim ersten Versuch gelingt Mogwai ein ziemlich solider Popsong, der definitiv mehr Bock aufs neue Album macht als das langweilige Coolverine vor ein paar Monaten.

7. UGLY GOD
Fuck Ugly God
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Ugly God ist vielleicht nicht der erste Rapper, der einen Disstrack über sich selber schreibt, aber weniger witzig ist dieser Song deshalb trotzdem nicht. Wie sorgsam und detailliert sich der MC aus Louisiana hier innerhalb von zwei Minuten selbst auseinandernimmt, ist genial und er schafft es sogar noch, das beim dissen eher seltene Feature einer großartigen Hook einzubauen. Und das coole dabei ist, dass durch diesen Song gerade viel mehr Leute die wunderbare Welt des Ugly God kennenlernen und ich kann sie darin nur bestärken. Das hier hören und dann mit I Beat My Meat oder Bitch weitermachen.

8. WANDA
0043
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Ich finde diese neue Single von Wanda wahnsinnig spannend. Ich und sicherlich viele andere hätten als Lead für das neue Album Niente sicherlich einen weiteren schmissigen Schmäh-Gassenhauer erwartet, doch dafür sind die Wiener diesmal zu schlau. Stattdessen geben sie uns eine ihrer bisher schönsten Balladen, die vielleicht ganz kurz enttäuschend ist, aber sehr schnell ihre emotionale Tragweite offenbart und zeigt, dass hier mehr denn je eine der besten deutschsprachigen Bands zurzeit am Werk ist. Ob die kommende Platte ähnlich melancholisch wird, kann man im Moment nur vermuten, ein Problem wäre es für mich allerdings nicht.

9. EXIT.SUN
Heart Shaped Box
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Eigentlich wollte ich Exit.Sun schon vor einem Monat hier auflisten, als ihr Video zur großartigen Desert-Rock-Nummer Alien Handshake erschien, so muss es jetzt eine Coverversion tun. Doch auch die kann sich mit ihrem spannenden Neo-Prog-Ansatz echt sehen lassen, der den Nirvana-Klassiker mal aus einer komplett anderen Perspektive beleuchtet. Wenn man bedenkt, wie viele furchtbare Neuinterpretationen es gerade von diesem Stück gibt, machen Exit.Sun hier eigentlich gar keinen schlechten Job und schlachten die heilige Kuh wenigstens so, dass am Ende ein gutes Steak draus wird. Und Jungs: Wann kommt eigentlich endlich das Album?

10. LAIBACH
Vor Sonnen-Aufgang
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Ich fand Laibach eigentlich immer gleichermaßen genial und bescheuert, und vielleicht ist das neue Album das erste Mal, dass sich das geändert hat. Also sprach Zarathustra schlägt deutlich mildere, weniger kontroverse Töne an, ist dafür aber auch erträglicher zu hören. Und in nichts äußert sich das besser als im orchestralen Mega-Opener Vor Sonnen-Aufgang. Das sechseinhalbminütige Stück hat keine große Message, ist dafür aber einfach wunderschön und nicht zuletzt auch ziemlich episch. Und damit haben es Laibach endgültig geschafft, mich auch emotional abzuholen, statt nur intellektuell. Das hat ihnen vielleicht die gesamten letzten 30 Jahre gefehlt.

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