Freitag, 25. August 2017

Mit uns die Sintflut

Eine ziemlich gute Band waren Der Weg einer Freiheit eigentlich schon immer. In den inzwischen fast zehn Jahren ihres Bestehens haben die Würzburger vier gute bis sehr gute Black Metal-Alben aufgenommen, von denen bisher jedes ihren Stil ein Stückchen weiter pushte. Angefangen beim ziemlich klassischem, garstigen Sound ihres Debüts hat sich die Formation in der Szene mittlerweile zu einer internationalen Marke für qualitativ hochwertigen Stoff gemausert, inklusive Plattenvertrag beim Vertrauens-Indie Season of Mist. Und wie alle coolen Black Metal-Acts sind auch DWEF zuletzt immer mehr in Richtung einer eher atmosphärischen Ästhetik abgewandert. Bei ihrem letzten Album Stellar von 2015 musste man aufpassen, dass man vor lauter Shoegaze-Breaks und Postrock-Crescendi nicht auf dämliche Floskeln wie "die deutschen Deafheaven" zurückgriff und wer diesem Sound nicht schon überdrüssig ist, dem sei an dieser Stelle die Platte noch einmal ausdrücklich empfohlen. Dass Finisterre in den letzten Monaten zu einer mit großer Spannung erwarteten LP wurde, liegt aber nur zum Teil daran. Denn wo es vor zwei Jahren noch cool war, dass DWEF sich sehr gut einem Stil anpassen konnten, klang es im Vorfeld von Album 5 so, als würden die Würzburger endgültig über sich selbst hinaus wachsen. Die Leadsingle Skepsis Pt. 2 überraschte im Mai mit eingefütterten Synthesizern, seltsam melodischen Refrains und einer Produktion, die noch zehnmal epochaler war als die des Vorgängers. Von der schammigen Gazeigkeit bei Stellar war hier nicht mehr viel zu hören, man war eher ziemlich baff ob des harten Stoffs, den die Band hier servierte. Der anfängliche Schock mündete aber alsbald in große Begeisterung und nachdem man wenig später auch den ersten Teil von Skepsis zu hören bekam, war die Aufregung groß: Allem Anschein nach würden DWEF hier mal wieder ihr bisher bestes Album veröffentlichen. Und siehe da, die Prognose hat sich bewahrheitet. Finisterre ist nach fast zehn Jahren die LP, auf der diese Band nicht mehr einfach nur eine gute Band ist. Denn das was sie hier machen, ist schon ein Stückweit einzigartig. Zumindest insofern, dass es schwer fällt, direkte Vergleiche zu dem zu ziehen, was in diesen sechs Stücken passiert. Zwar ist das hier nach wie vor der altbewährte, progressive Black Metal mit großen Versatzstücken aus Screamo und Postrock, doch er präsentiert sich hier völlig neu. Für Szene-Verhältnisse klingen DWEF hier wie Popstars, mit unglaublich clean und knackig produzierten Instrumenten, die den Pathos der Tracks ins unermessliche Steigern. Nikita Kamprads Gitarren-Mäander sind harmonisch meilenweit entfernt von klassischem Metal-Songwriting und streifen immer wieder großzügig eingebaute Dur-Oasen. Dazu kommen in Songs wie Aufbruch und Skepsis Pt. 2 noch die bereits angesprochenen, wahnsinnig clever eingefädelten Synth-Matten, die mitunter fast einen New Wave-Charakter erzeugen. Und obwohl man sie auf dem kompletten Album weniger häufig hört als ich gehofft hätte, fluten sie bei jedem Einsatz das Album mit unglaublich viel Power. Zusammen mit dem wie üblich extrem genialen Schlagzeugspiel von Tobias Schuler entsteht daraus eine LP wie ein Malstrom, der die Hörenden ab Minute Eins (also nach dem gesprochenen Intro von Aufbruch) ohne Chance auf Überlebende wegspült. Einmal angefangen, ballert Finisterre eine gute Stunde konstant durch, lässt sehr selten Platz zum Luftholen und wenn doch, dann nur, um zwei Sekunden später mit doppelter Intensität weiter zu brettern. Und immer, wenn das ganze droht, ermüdend zu werden, zaubert die Band irgendeinen coolen Trick aus dem Ärmel: Das geniale Da Capo in Skepsis Pt. 2, das prollige Eighties-Thrash-Solo in Neubeginn oder die groovigen Jazz-Drums im Titelstück. Man kommt aus dem Staunen hier nicht raus. Dabei hatte ich bis vor kurzem gedacht, diese Band könne nicht mehr besser werden. Aber Finisterre belehrt mich nicht nur eines besseren, sondern es ändert auch meine Perspektive auf DWEF. Logisch können die noch besser werden, wenn sie hier erstmal so richtig entdecken, wozu sie eigentlich fähig sind. Mit dem Stil, den die Würzburger auf dieser LP etablieren, schaffen sie sich die Basis dafür, innerhalb eines bestimmten Definitionsbereiches absolut unfickbar zu werden. Für mich sind sie es spätestens mit diesem Album.





Persönliche Highlights: Aufbruch / Ein letzter Tanz / Skepsis Pt. 1 / Skepsis Pt. 2 / Finisterre / Neubeginn

Nicht mein Fall: -

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