Montag, 7. August 2017

the Freewheelin' Vic Mensa

The Autobiography, was für ein sperriger Titel für ein Debütalbum! Es fallen einem direkt Sachen wie the Chronic oder the Blueprint ein, wenn man das liest, aber drunter macht es Vic Mensa eben nicht. Und warum auch? Stand 2017 ist der Rapper aus Chicago trotz überschaubarem eigenen Output eine feste Größe im Game, die man eigentlich niemandem mehr vorstellen muss. In den vergangenen Jahren zählte er Leute wie Kanye West, Flume, Kaytranada und the Internet zu seinen Mentoren und tobte sich so ziemlich überall aus. Das coole dabei war, dass diese Menschen Vic nicht nur die Schlüssel für die High Society des modernen HipHop in die Hand gaben, sondern auch eine ganze Menge sehr verschiedene Einflüsse, die er jetzt zu seinen Gunsten ausspielen kann. In der Vergangenheit wusste man nie so richtig, was für eine Art Rapper dieser Vic Mensa eigentlich ist, weil er so viele verschiedene Stile auf dem Kasten hatte. Die Wahrheit ist wahrscheinlich, dass sich dieser Typ nicht wirklich in eine der Schubladen einordnen lässt, die im modernen Rap gerade existieren. Auf der einen Seite ist er zwar ein unglaublich cleverer Lyriker, der um verschnickte Wortspiele und deepe Story-Songs nicht verlegen ist und einen Mords-Flow abfährt, dann wiederum gelingt es ihm jedoch auch, tolle Hooks zu schreiben und in seinen Tracks extrem viel Pop-Appeal zu versammeln und in den richtigen Momenten kann er auch wieder total verrückt und unberechenbar sein. Die gute Nachricht ist, dass sich all das auf the Autobiography wiederfindet. Besser noch: Vic schafft es hier darüber hinaus auch noch, endlich seinen eigenen Stil zu finden und mehr zu machen als nur ein gutes Debüt. Was mir persönlich an dieser LP zuerst aufgefallen ist ist, dass sie überhaupt nicht klingt wie ein HipHop-Album, sondern eher wie eine gut konzipierte, intelligente Pop-Platte, teilweise sogar wie die große Rockmusik eines Tom Petty, Bob Dylan oder Bruce Springsteen. Schon allein in der Produktion der Stücke ist so viel Saft drin wie sonst nur in sehr wenigen Rap-Projekten, die eher auf Edgyness und Hardcore-Faktor setzen. Edgy ist the Autobiography überhaupt nicht, dafür aber ambitioniert. Die Songs hier wollen nicht zwingend ins Radio oder auf Konzerten gut funktionieren, sie wollen vor allem im Gedächnis der Hörenden stecken bleiben, und das am besten für die nächsten fünfzig Jahre. In gewisser Weise ist das sogar realistisch. Denn Vic Mensa gelingt es hier meisterhaft, große inhaltliche Tiefe mit einem Hit-Potenzial zu verbinden, das seinesgleichen sucht. Platten wie diese sind der Grund, warum Leute wie Tupac Shakur, Biggie Smalls, Jay-Z oder Drake so groß geworden sind. Und Songs wie Say I Didn't, Gorgeous, Rage oder Heaven On Earth sind solche, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. The Autobiography hat definitiv das Potenzial, eine sehr wichtige Platte zu werden. Doch ganz ohne Schwächen ist sie deshalb lange nicht. Dass es ein paar eher doofe Tracks wie Down for Some Ignorance oder Coffee & Cigarettes gibt, kann ich leicht verzeihen, da sie im Gesamtbild des Albums doch wieder sehr gut passen, doch was mich wirklich stört ist die Altbackenheit dieser Platte. Für jemanden wie Vic, der 2017 als Trendsetter gilt, klingt dieses Debüt dann doch ziemlich oll und von gestern. Viele der Sounds und Produktionselemente waren vor circa zehn Jahren cool und beim Hören fühlt man sich immer wieder an Leute wie Fashawn, T.I. oder den Drake von Thank Me Later erinnert, nach denen heute kein Hahn mehr kräht. Das ist jetzt nicht schlimm oder so, aber wenn man sich vorstellt, wie dieses Album mit zeitgenössischem Vibe geklungen hätte, ist es schon ein wenig schade. Nichtsdestotrotz ist the Autobiography in meinen Augen ein herausragendes HipHop-Projekt dieses Jahres und ein Debüt, das der Karriere dieses Künstlers den wirklich ersten großen Stempel aufdrückt. ich bezweifle zwar, dass besonders viele Menschen meine Ansicht darüber teilen, doch ich finde durchaus, dass diese LP etwas besonderes ist. Vielleicht ist sie nicht perfekt, aber sie zeigt, wozu Vic Mensa auf einem richtigen Album fähig ist. Hoffentlich nicht sas letzte Mal.





Persönliche Highlights: Say I Didn't / Rolling Like A Stoner / Homewrecker / Gorgeous / Heaven On Earth / Wings / We Could Be Free / Rage

Nicht mein Fall: Down for Some Ignorance

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