Sonntag, 20. August 2017

Nicht mehr cool

Dass King Gizzard & the Lizard Wizard innerhalb der letzten anderthalb Jahre vor allem mit Projekten aufgefallen sind, die im Bereich des experimentellen Psychedelic Rock stattfinden, hat ein bisschen davon abgelenkt, dass die Australier eigentlich gar nicht primär solche Musik machen. Angefangen hat die Band vor knapp zehn Jahren noch mit Surfrock, später kamen akustischer westeuropäischer Folk und Garagenpunk hinzu, bevor 2014 mit I'm Your Mind Fuzz das psychedelische "Gizzverse" eröffnet wurde, durch welches King Gizzard seitdem mit kleineren Unterbrechungen schweben. Dass sie mit Sketches of Brunswick East also eine ziemlich Jazz-orientierte Platte machen, ist also höchstens auf den ersten Blick verwunderlich. Diese Band kann vieles, und wenn es an der Umsetzung hapert, holen sie sich eben ein paar Kolleg*innen dazu. In diesem Fall ist das das kalifornische Indie-Kollektiv Mild High Club, das bereits in der Vergangenheit durch Alben wie Timeline auffiel, die einen starken Cool Jazz-Einschlag aufwiesen und genau den Chill-Faktor doppelt und dreifach hatten, der den hektischen King Gizzard meistens fehlt. Ihre Kompetenz in Sachen Instrumentarium (Querflöte, Mellotron, Glockenspiel) verleiht dem Projekt hier den richtigen klanglichen Touch, um es mit diesen Songs aufzunehmen und sorgt für ein erfrischend entspanntes neues Release nach den stressigen letzten beiden Platten. Das Vorhaben dabei ist auf jeden Fall nicht schlecht und man muss den Australiern dabei auf jeden Fall den Überaschungseffekt zugestehen. Nicht nur klingt Sketches of Brunswick East mal wieder völlig neu, es war am Freitag auch ohne jede Ankündigung plötzlich da. Doch aus eben diesen Gründen muss man ihnen auch wieder den Vorwurf machen, hier einen Schnellschuss zu veröffentlichen. Was wir hier hören, ist mittlerweile das dritte Album von King Gizzard in diesem Jahr und es erscheint gerade Mal anderthalb Monate nach Murder of the Universe, was man ihm auch anhört. Die stilistische Mission, die die beiden Bands hier verfolgen, ist zwar erkennbar und sorgt  für jede Menge schöne Momente, dennoch ist das Songwriting hier durchgängig ziemlich schlampig und mehr als eine nette Spielerei sind die 13 Songs nicht. Ähnlich wie beim Vorgänger hat man das Gefühl, dass die Platte wesentlich besser geworden wäre, hätte man ihr mehr Zeit gegeben und alles etwas gründlicher ausformuliert. Gerade darin bestand für mich bisher zumindest immer die Faszination in dieser Gruppe. Dass sie jetzt in Rekordtempo in alle Richtugen ausholen, ist zwar auch spannend, aber eben nur solange dabei auch coole Platten rauskommen. Und ich habe zuletzt ein bisschen das Gefühl, dass das erheblich zu kurz kommt. Wenn es nach mir ginge, könnten sich King Gizzard ihren Release-Reigen für den Rest des Jahres gerne sparen und dafür nächstes Jahr wieder eine LP vom Format Flying Microtonal Banana oder Nonagon Infinity machen. Denn um ehrlich zu sein: Langsam habe ich auf diese flachen Bälle von ihnen keine Lust mehr, was in Anbetracht meiner Begeisterung für die Band am Anfang des Jahres schon echt traurig ist. Im Moment hoffe ich einfach nur noch, dass sie nicht Omar Rodriguez werden. Das wäre ihrem immensen Talent nämlich unangemessen.





Persönliche Highlights: Sketches of Brunswick East I / Sketches of Brunswick East II / A Journey to (S)Hell / You Can Be Your Silhouette / Sketches of Brunswick East III

Nicht mein Fall: -

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