Dienstag, 20. November 2018

Diene der Party





















Seit inzwischen beinahe 30 Jahren sind the Prodigy aus Braintree, Essex als gemeinsame Schöpfer des englischen Big Beat und Breakcore eine absolut unfickbare Institution, soviel sollte inzwischen endgültig klar sein. Wohl kein anderes Kollektiv hatte einen so großen Einfluss auf die Fusion aus Techno, Punkrock und Hiphop in den Neunzigern wie sie und als definitive Vertreter des Crossover kommt man an ihnen nicht vorbei. Was ich an ihrer Karriere jedoch fast noch mehr bewundere ist, wie sie es geschafft haben, seit ihrer Gründung im Jahr 1990 (!) nicht einen Augenblick lang wirklich uncool geworden zu sein. Zumindest wenn man mich persönlich fragt. In meinen Augen gibt es in drei Dekaden keine einzige Platte von ihnen, die nicht ihre wichtigste Kernkompetenz in sich trägt, hemmungslos nach Party, Schweiß, drei Pullen Monster Energy und dem großzügigen Verlust von Gehirnzellen zu klingen. Das gilt für Klassiker wie the Fat of the Land und Expierience genauso wie für eher geschmähte Projekte wie Invaders Must Die oder Always Outnumbered, Never Outgunned. Und der Grund dafür ist ebenfalls ganz einfach: the Prodigy hatten nie den Anspruch, irgendwie intelligente oder vielfältige Musik zu machen. Sie klangen 1990 ebenso nach dem Ende der Neunziger wie 2015, eine stilistische Entwicklung hat bei ihnen niemals stattgefunden. Musste sie auch nicht, denn bei ihnen empfiehlt es sich nach wie vor, beim Musikhören das Gehirn ruhig mal beiseite zu legen. Und No Tourists, ihr siebtes Studioalbum, ist da absolut keine Ausnahme. In 37 Minuten veranstalten die Londoner Rambazamba-Profis hier wie alle Jahre wieder ihre übliche Adrenalin- und Steroiden-Show, und wie alle Jahre wieder ist das ganze von vorn bis hinten ein Brett. Es hilft dabei vielleicht ein bisschen, dass polternde Jungle-Percussion, Acid House und die Crossover-Ästhetik der späten Neunziger gerade wieder ein ziemliches Revival erleben, aber prinzipiell wären the Prodigy die letzten, denen ich in dieser Hinsicht Ausverkauf vorwerfen würde. Sie haben genau diesen Sound auch zu Zeiten weiter gelebt, als Leute UK Garage und Post-Dubstep geil fanden und kein Hahn nach bratzigem Testosteron-Techno krähte. Und nun, da die Zeit gekommen ist, belohnen sie sich hier mit einem ihrer besten Alben seit Jahren. In der Hinsicht, dass sie sich am Rand der großen Party auch einige wirklich kreative Momente genehmigen. So spinnt sich in Boom Boom Tap der gesamte Song kompositorisch um einen einzigen Spoken Word-Loop, Light Up the Sky hat das beste Intro eines Prodigy-Songs seit Warriors Dance von 2009 und nachdem auf dem Vorgänger schon Sleaford Mods als Gäste für eine Überraschung sorgten, ist es hier nun die amerikanische Hardcore-Band Ho99o9. Das alles sind Kleinigkeiten, die man beim ganzen Headbangen und Solo-Moshen sicher gar nicht mitbekommt, und sie sind letztendlich eigentlich auch ziemlich egal. Denn bei dieser Band zählt der Gesamteindruck, und der ist hier nach wie vor absolut formidabel. Weshalb ich mich auch nicht scheue, bei aller Simplizität und Formelhaftigkeit dieser Band neun Punkte hier unten hin zu schreiben. Denn mit dieser LP zeigen sie einmal mehr, dass sie für Konsistenz und Sicherheit stehen. Qualitativ überzeugend seit 1990.






Persönliche Highlights: Light Up the Sky / We Live Forever / No Tourists / Fight Fire With Fire / Timebomb Zone / Champions of London / Give Me A Signal

Nicht mein Fall: Need Some 1

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen