Mittwoch, 28. November 2018

Mascis & Chill





















Wenn man mich fragt, dann ist J Mascis schon seit langem eine der am besten gealterten Personen des modernen Rock'n'Roll-Zirkus. Mit 52 Jahren ist er der heimliche Gottvater unter den Indierock-Pionieren, ein Idol vieler zeitgenössischer Gitarrist*innen und neben den nun schon seit einer Dekade wieder aktiven Dinosaur Jr. noch immer Mitglied in diversen ziemlich coolen Bands. Gleichzeitig möchte man ihn irgendwie auch gerne als Patenonkel haben oder zumindest als Nachbarn, mit dem man ab und zu ein Radler trinkt. Seine ganze Art ist schon seit langer Zeit einfach nur grundsympathisch und zumindest wenn es nach mir geht, wird er jedes Jahr ein bisschen cooler. Auch musikalisch. Wo ich an den ursprünglichen Achtziger-Output von Dinosaur Jr. bedauerlicherweise nie so wirklich ran kam, ist vieles von dem Material, das seitdem von ihnen erschienen ist, schon eher nach meinem Geschmack. Und wenn es um seine Solo-Geschichten geht, bin ich erst recht Fan. Mit seinem zweiten eigenen Album Several Shades of Why von 2011 (Das erste namens Martin + Me wurde schon 1996 veröffentlicht) hatte ich noch leichte Berührungsängste, doch spätestens mit Tied to A Star holte er mich drei Jahre später vollends ab. Ihn als größtenteils akustischen Singer-Songwriter-Typen zu erleben, gab seiner natürlichen Entspanntheit noch einmal eine völlig neue Dimension und wirkte teilweise sogar ziemlich niedlich. Und genau an dieser Stelle war ich bei seinem neuesten Werk Elastic Days zunächst etwas skeptisch. Denn genau diese minimalistische, simple Ästhetik findet hier nicht mehr statt. Mit einem vollständig ausgebauten Bandsound inklusive zusätzlicher Begleitinstrumentation ist das Ganze sogar ziemlich nah dran an den Sachen, die er mit Dinosaur Jr. in den letzten Jahren gemacht hat. Was wäre also das besondere an diesem Album? Eine Frage, die ich so richtig leider immer noch nicht so richtig beantworten kann. Sicher, es fehlen vielleicht ein paar aufgedrehte Fuzz-Gitarren und und fransige Indierock-Grooves von Lou Barlow, doch rein kompositorisch ist der Unterschied marginal. Die gute Nachricht ist, dass Elastic Days damit trotzdem noch ein bisschen besser ist als die Sachen der Band und man das typische Mascis-Songwriting trotz breiterer Untermalung kein bisschen vermissen muss. Unter den 12 Songs sind jede Menge starke Tracks dabei, denen die zusätzliche Instrumentation tatsächlich auch sehr gut tut und von denen keiner komplett scheiße ist. Sie sind zwar auch ein ganzes Stück weniger kreativ und stimmungsvoll wie die Sachen auf Tied to A Star, aber auch weit entfernt von der befürchteten Blamage. J Mascis geht hier keine großen Risiken ein, was er in meinen Augen auch gar nicht muss. Sein Solo-Output besteht seit jeher aus Stücken, die eher über ihre Leichtigkeit und Simplizität funktionieren als über große experimentelle Hakenschläge. Die sortiert er entweder ins Dinosaur Jr.-Repertoire ein oder gründet gegebenenfalls gleich eine komplett neue Band. Elastic Days ist das unspektakuläre, gemütliche Gelegenheits-Album eines alternden Indie-Stars, der es nicht mehr nötig hat, die Gitarrenmusik nach über 30 Jahren Karriere noch mal zu revolutioneren und ich finde, das sollte man auch akzeptieren. Er ist keiner dieser Thurston Moores und Morriseys, die es immer noch unbedingt wissen müssen, sondern macht einfach, worauf er Lust hat. Und zumindest Spaß scheint er an seiner Musik nach wie vor zu haben. Was am Ende ja die Hauptsache ist.






Persönliche Highlights: Web So Dense / Sky Is All We Had / Give It Off / Cut Stranger / Sometimes

Nicht mein Fall: -

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