Montag, 16. November 2015

Urban Fragrance

JAMES FERRARO
Skid Row

Break World
2015
















James Ferraro ist angekommen. Wenn dieser Tage der Name des New Yorker Produzenten fällt, denken die meisten zwar noch immer an sein 2010 veröffentlichtes Album Far Side Virtual, das maßgeblich zur Erfindung der Vaporwave-Bewegung beitrug, doch man weiß auch, dass seine Talenten inzwischen woanders liegen. Während die meisten bekannten Produzenten des Post-Internet-Genres wie Vektroid oder Blank Banshee mittlerweile ziemlich ruhig geworden sind und sich eher passiv von ihren zu Memes gewordenen Alben distanzieren, hat sich Ferraro mittlerweile zu einem weitgehend respektierten Avantgarde-Künstler berappelt. Sein 2013 veröffentlichtes NYC, Hell 3:00 AM wurde von Kritikern bejubelt und verhalf dem Künstler zu einem Ruf, der eher seinem Ideal entspricht. Und dass er diese neu gewonnene Freiheit genießt, ist auf den ersten Blick ersichtlich. Sowohl als Regisseur als auch als Live-Künstler hat Ferraro um einiges zugelegt und sein im Frühjahr veröffentlichtes "Gedicht" Manhattan Future Ocean steht ganz in der Ästhetik eines Künstlers, der keine Konventionen kennt. Dass mit Skid Row dann doch wieder ein ganz normales Musikalbum gekommen ist, ist da sowohl ungewöhnlich als auch beruhigend. Denn man merkt sehr schnell, dass das Komponieren von Soundcollagen und Sample-Tracks noch immer die große Stärke von Ferraro ist. Während Vaporwave gerade seine erste Renaissance erlebt, schwimmt sein Erfinder noch immer ganz gut auf der ersten Welle. Wobei der Anspruch zu damals doch merklich gestiegen ist. Skid Row klingt nicht mehr nach Computerwelt, sondern nach dem echten Leben. Samples von Nachrichtensendungen, Metal-Skits oder Polizeisirenen legen nahe, dass sich die Platte auch nach außen wendet. Daneben ist auch "echtes", extra aufgenommenes Material hier ein starker Faktor. Im Titeltrack erlebt man gar einen an Massive Attack erinnernden So-gut-wie-Popsong, komplett mit Synthie-Streichern und allem. Man merkt ganz deutlich, dass wir es hier nicht mehr mit einem einsamen Nerd in seinem Heimstudio zu tun haben: Gastsänger, echte Instrumente und eine verdammt tighte Produktion sprechen für sich und erzielen auch immer den erwünschten Effekt. Skid Row stellt nicht die Frage, ob man Vaporwave ernst nehmen kann, es fragt eher, was alle für ein Problem damit haben, es endlich ernst zu nehmen. Die Avantgarde tut es schon lange und bis die Indiekids nachziehen, sollte man ab jetzt die Zeit in Ferraro-Platten messen. Denn dass dieser Typ der Michael Jackson der Bewegung ist, sollte spätestens jetzt klargestellt sein. Oder wartet hier jemand noch immer auf Blank Banshee 2?
10/11

Beste Songs: White Bronco / Skid Row / Live and Die in LA / 1992

Nicht mein Fall: Rhinestones

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