Mittwoch, 11. November 2015

Vom Berghain an die Front

RUSTIE
EVENIFUDONTBELIEVE

Warp
2015
















Schon wieder eine Platte, die einfach so da ist. Man möchte langsam spekulieren, ob diese Art von (Anti-) Promotion die Art und Weise ist, wie man in der Zukunft seine Musik veröffentlicht. Überhaupt ist Zukunft ein gutes Stichwort, um ein Review zu EVENIFUDONTBELIEVE zu beginnen. Denn genau danach klingt die neue LP des schottischen Produzenten Rustie. Als Haus- und Hof-Produzent von Danny Brown dürfte dieser schon hinreichend bekannt sein, doch auch seine Solo-Ausflüge sind bis dato nie uninteressant gewesen. Seine bisher zwei Alben gefielen mir beide ziemlich gut und ich bin froh zu verkünden, dass er auf seinem dritten Longplayer für Warp Records nun auch klingt wie ein Künstler dieses Labels. Die neue Platte ist in sofern etwas völlig ungewöhnliches, weil Rustie hier erstmals nicht auf perfekt geschliffene Beats und Hit-Melodien setzt, sondern sich ganz dem Experiment hingibt. Folglich hat EVENIFUDONTBELIEVE keine wirkliche Marschrichtung, sondern dreht sich einfach so lange im Kreis, bis im selbst schwindlig wird. Fans des Schotten müssen sich daran sicher erst gewöhnen, handelte es sich bei ihm doch eigentlich immer um einen etwas konservativen Künstler. Doch im Ausgleich dafür gibt es hier einen Elektro-Trip, wie ihn kein psychedelisches Goa-Set besser bieten kann. Die knallbunten Hooks, die Rustie schon immer richtig gut konnte, werden hier kombiniert mit der passenden Flaming-Lips-Attitüde, die zu dem Teil der Party passt, wenn alle Glitzerstaub statt Klamotten am Körper haben. First Mythz überrascht gleich am Anfang mit einem direkt aus den frühen Neunzigern gebeamten Techno-Beat, Big Catzz ist der fast obligatorische EDM-Banger und wenn irgendjemand noch gute Trap-Instrumentals braucht: hier gibt es genügend davon. 15 ein- bis vierminütige Tracks dieser Manier versammelt der Produzent mit Elfenohren hier und wenn die Stimmung passt, kann kein einziger davon nicht fantastisch sein. Klar würde man sich manchmal ein etwas geordneteres Album wünschen, man muss aber auch verstehen, dass Chaos zum Prinzip dieses Projektes gehört. Und damit hat Rustie etwas wahrhaft erfrischendes abgeliefert. Ich würde zwar nicht sagen, dass EVENIFUDONTBELIEVE besser ist als vorherige Veröffentlichungen, doch allein die Tatsache, dass es nicht noch eine weitere Danny Brown-Platte ohne Danny Brown geworden ist, macht das ganze hier auch interessant für Leute, die den Berghain noch nie von innen gesehen haben. Für alle anderen gilt: Wer nachher noch weiß, wie die Scheibe klingt, der hat sie nicht richtig gehört.
9/11

Beste Songs: First Mythz / Atlantean Airships / What U Mean / Death Bliss

Nicht mein Fall: -

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