Montag, 2. November 2015

Rettet das Saxofonsolo!

SHINING
International Blackjazz Society

Spinefarm
2015
















Ein Stück weit ist dieses Review reiner Opportunimus. Ich weiß, dass unter meinen Lesern einige Fans von Shining sind, die mein elitäres Rumgebitche über ihr neues Album vielleicht interessiert. Allerdings finde ich die Norweger auch selbst schon längere Zeit ganz spannend. Nicht jede Band mischt so dreist die verschiedensten Stile von Metal und Jazz wie sie und bereits als vor zwei Jahren One One One herauskam, hätte ich eigentlich gerne eine ausführliche Besprechung gemacht. Nun findet diese nicht mehr nur hypothetisch statt. International Blackjazz Society ist der Titel des aktuellen Werks und wenn man einen solchen Namen wählt, ist man sich sicherlich seiner Tragweite bewusst. Er steht für Exklusivität, ist aber auch weltmännisch und alles in allem ziemlich hochtrabend. Und das, obwohl die Platte inhaltlich eher ein wenig zu wünschen übrig lässt. Wo der Vorgänger mit elektronischen Spielereien und knallharten Riff-Momenten glänzte, kommt man hier über das Standard-Rezept Metal + Jazz = Shining-Sound nicht wirklich hinaus. Die ersten beiden Songs Admittance und the Last Stand verknüpfen diese Elemente noch recht angenehm, doch danach wird es zu großen Teilen ziemlich seltsam. Den an Marylin Manson erinnernden Gesang konnte ich bei dieser Band noch nie leiden, doch hier geht es auch in Sachen Songwriting bergab. Wer 2015 noch Ideen bei Korn und Rammstein klaut, dem kann ich einfach keinen guten Geschmack bescheinigen und leider tun das Shining hier viel zu oft. Nicht selten weicht der kernige Metal-Sound einem platten Industrial-Beat, der dann in einer abgerotzen Melodik durch bis zu sieben Minuten Song geprügelt wird. Interessant wird es meistens nur dann, wenn inmitten des rüden Gekloppes ein Saxofon gniedelt und doch noch für die notwendige Abwechslung sorgt. Diese winzigen Jazz-Farbtupfer wirken in all den blindwütigen Songs tatsächlich wunder, auch wenn sie weniger ruhigen Kontrast schaffen als ebenfalls ans klangliche Limit zu gehen. Wenn nach knapp 30 Minuten das etwas entschleunigte House of Control ertönt, ist man für die Atempause folglich ganz dankbar, obwohl der Track auch nicht wirklich besser ist als der Rest. Am Ende der fast 40 Minuten Spielzeit ist meine Meinung in verstärkter Form die gleiche wie vor zwei Jahren: Die Idee bei Shining ist klasse, nur ist mir ihre Spielweise und Komposition eindeutig zu konservativ. Mit mehr Abwechslung, mehr Modernität und einem stärkeren Hang zum Experiment könnte ich die Norweger in meinem Sinne eine gute Band nennen. Bis dahin wird es wohl bei großkotzigen Plattentiteln bleiben müssen.
6/11

Beste Songs: Admittance / Last Days

Nicht mein Fall: Burn it All / House of Control

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