Freitag, 16. Oktober 2020

Solange du wild bist

A$AP Ferg - Floor Seats II 


[ badass | aufgedreht | hardcore ]
 
 Es ist 2020 mittlerweile müßig geworden, über A$ap Ferg im Kontext von kommerzieller Relevanz beziehungsweise Clout zu reden. 2020 sind das ganz sicher nicht mehr die Punkte, mit denen der New Yorker am meisten überzeugt, falls sie es überhaupt je waren. Ganz anders sieht die Sache aber aus, wenn man sich tatsächlich den Künstler dahinter ansieht und zumindest ich dabei nicht um die Feststellung komme, dass dieser Typ von allen Angehörigen des A$ap Mob bei weitem den besten Release-Katalog der letzten fünf Jahre hat. Nicht nur ist Ferg im Kontext Trap einer der wenigen MCs, die es auch im Albumkontext immer wieder schaffen, ernsthaft zu überzeugen, auch in der großen Draufsicht auf seine Karriere finden sich bis auf ein mittleres Formtief um sein zweites Album von 2016 relativ wenige kritische Punkte. Was ihn schon sieben Jahre nach seinem Debüt zu einem Rapper macht, auf den ich mich fast immer verlassen kann, wenn er sein jeweils aktuelles Projekt vorstellt. Eine Gewissheit, die ich leider noch immer bei wenigen in der Szene habe. Und obwohl sein Output seit seinem Durchbruch mit Trap Lord von 2013 relativ konsistent ist und man immer das Gefühl hatte, dieser Typ würde überall auftauchen, ist Floor Seats II formell gesehen erst sein drittes richtiges Album und darüber hinaus das erste seit Always Strife & Prosper, was sich irgendwie falsch anfühlt. Zumal auch Fergs Karriere-Lore an diesem Punkt etwas verwirrend wird. Warum ist Still Striving von 2018, das fast doppelt so lang war und sich auch größer anfühlte, kein offizielles Album, während diese Knapp-30-Minuten-Quarantäneplatte, die noch dazu der Nachfolger einer popeligen EP vom letzten Jahr ist, den Sonderstatus zugestanden bekommt? Rein ordnungstechnisch definitiv fragwürdig. Aber der Künstler wird sich schon was dabei gedacht haben. Und sieht man mal von solchen kanonischen Unstimmigkeiten ab, gibt es eigentlich auch wenig zu meckern. Floor Seats II ist eine grundstabile, harte, groovige und eingängige Traprap-Platte mit 9 von 10 kraftstrotzenden Bangern (und einem ziemlich guten Skit), die vielleicht keine Räder neu erfindet, aber zumindest diesen kauzigen Vibe mitbringt, die ich an diesem Rapper so gerne mag. Die 29 Minuten dieser Platte fühlen sich nicht an wie eine Abfolge von Songs, sondern wie ein pumpender Schweinsgalopp an Trapmusik, bei dem der Künstler selbst so herrlich ausrastet wie seit seinem ersten Mixtape nicht mehr. Zusätzlich holt er sich dann auch noch alle möglichen tollen Features auf die LP, von Szene-Entdeckungen wie Mulatto oder Antha Panta über Klassiker wie Nicky Minaj oder Lil Wayne bishin zu ernsthaften Exoten wie Marylin Manson oder P Diddy. So gut wie alle diese völlig wilden Gastspots sind aber immens bereichernd für den Gesamteindruck und vermitteln die Wirkung, dass das hier alles furchtbar viel Spaß gemacht haben muss. Und wieder muss ich feststellen, dass A$ap Ferg empirisch betrachtet immer dann am besten ist, wenn er Dinge tut, die auf dem Papier völlig hanebüchen scheinen. Was für einen langfristigen Erfolg nicht die schlechteste Voraussetzung ist, denn weder wird es auf lange Sicht öde noch muss an der Grundidee viel verändert werden. Und es ist schön, dass er selbst das so akzeptiert zu haben scheint. Womit am Ende nur die Frage bleibt, was für einen Unsinn er als nächstes vorhat.




Hat was von
Denzel Curry
Imperial

Migos
Culture

Persönliche Höhepunkte
Marylin Manson | Dennis Rodman | In It | No Ceilings | Mask | Move Ya Hips | Value | Hectic

Nicht mein Fall
Aussie Freaks

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