Bob's Son: R.A.P. Ferreira in the Garden Level Cafe of the Scallops Hotel
Ruby Yacht
2021
[ altbewährt | abstrakt | quirky ]
Dass das musikalische Rebranding der Marke Rory Ferreira vor zwei Jahren bitter notwenig war, sage ich als jemand, der ihn für den größeren Teil der Zwotausendzehner zu seinen absoluten Lieblingsrapper*innen zählte. Viele der Platten, die er zu dieser Zeit unter den Namen Milo und Scallops Hotel veröffentlichte, waren für mich ganz besondere Hiphop-Schätze und auch ziemlich wichtig, um meinen den Begriff dessen zu erweitern, was Rap sein konnte. Bei aller Lieb tendierte sein Output gegen Ende der letzten Dekade trotzdem dazu, sich selbst mitunter ein bisschen zu wiederholen und die unglaubliche Produktivität des MCs aus Nashville nahm seinen einzelnen Releases etwas den Charakter des besonderen. Spätestens nach etwa 2018 brauchte es also ein paar neue Impulse, um diesen Typen für mich weiterhin auf dem Level eines Lieblingskünstlers interessant zu machen. Impulse, die letztes Jahr auf Purple Moonlight Pages, der ersten LP seiner neuen Inkarnation R.A.P. Ferreira, tatsächlich auch kamen. Nicht nur baute Milo hier merklich Parallelen zu seinen Vorbildern in der Native Tongue-Bewegung auf und erinnerte an Leute wie Q-Tip, Quasimoto und De La Soul, auch vertiefte die Platte deutlich eine gewisse Leidenschaft für Jazz, die Ferreira ja schon immer hatte. Teilweise klangen die Songs hier eher nach tatsächlichen Jazz-Nummern als bloß nach Jazz-infiniertem Rap und wie zur Bestätigung wurde am Ende sogar ein Stück von Pharaoh Sanders gecovert. Ob dieses äußerst kreativen Einstands war ich also gespannt, wie mit diesen neuen Ideen nun langfristig Umgang gefunden würde. Die erste wichtige Erkenntnis ein Jahr später ist, dass Milo ist immer noch sehr fleißig ist und mit Album Nummer zwei weiter an seiner eigenen Lore schraubt. Denn obwohl auch Bob's Son wieder unter dem Moniker R.A.P. Ferreira erscheint, holt es direkt im Titel dessen altes Pseudonym Scallops Hotel zurück, unter welchem zwischen 2016 und 2018 einige Beattape-ähnliche EPs erschienen. Für die Ästhetik dieses neuen Projekts ist das nicht ganz unwichtig, denn rein vom Flow her erinnert diese LP stark an diese Releases: Die teils etwas repetetiven lyrischen Ausführungen von Ferreira rücken hier manchmal eher in den Hintergrund und machen Platz für eine Art chilliges Plunderphonic-Konzept, in dem Milo seine vorzügliche Arbeit mit Samples in den Fokus stellt. Auch gibt es zwischen den kurzen Song-Vignetten viele eingestreute Sprachschnipsel, mit denen wahrscheinlich wieder irgendein metaphysisches Konzept erläutert werden soll. Das coole dabei: Milos Texte leiden nicht unter dieser verhackstückten Beattape-Aura, sondern werden dadurch sogar unterstützt. Und obwohl ich in den meisten Fällen auch hier nicht weiß, worauf der Künstler mit seinen nerdigen Lyrics eigentlich hinaus will, mag ich doch zumindest weiterhin seine ulkigen Wortspiele und seine auf schluffige Weise coole Performance. Konzeptuell könnte man zwar schon sagen, dass Bob's Son an vielen Stellen zu den Ideen eines So the Flies Don't Come oder Who Told You to Think zurückkehrt, doch geschieht vieles davon wieder mit neuer Energie. Sicher, die Platte bedient sich wieder sehr an altbewährten Methoden, doch habe ich hier wenigstens nicht mehr den Eindruck, dass Milo sich wiederholt, sondern diese wieder für neues und spannendes Songwriting nutzt. Am Ende des Tages war diese alte Version von Ferreira ja nie schlecht, sie musste nur mal gründlich entrostet werden. Und nachdem wir das nun hinter und haben, kann ich dort weitermachen, wo ich beim letzten Mal aufgehört habe: Darüber schreiben, wie genial ich diesen Rapper finde. Bei solchen Platten fällt mir auch nichts leichter.
🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡🟡⚫⚫ 09/11
Persönliche Höhepunkte: Battle Report | the Cough Bombers Return | Yamships, Flaxseed | Redguard Snipers | Sips of Ripple Wine | Skrenth | Bobby Digital's Little Wings | Listening | Rejoice | Abomunist Manifesto
Nicht mein Fall: -
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