Dienstag, 30. Januar 2018

Rorys kleines Traumhotel




















Rory Ferreira hat letztens noch einmal betont, dass es sich bei Scallops Hotel auf keinen Fall um ein Nebenprojekt handelt, sondern um das eigentliche ~where the magic happens~ seiner musikalischen Identität. Was das genau heißt, ist mir ehrlich gesagt noch immer ziemlich schleierhaft, aber man merkte in den letzten Jahren auf jeden Fall, dass diesem Outlet seinerseits eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit zuteil wurde als noch ganz am Anfang. Mittlerweile ist es keine Seltenheit, dass mich Platten von Scallops Hotel mitunter mehr begeistern als die von Ferreiras eigentlichem Original-Projekt Milo, trotz der Tatsache oder vielleicht auch gerade weil sie noch eine ganze Ecke mystischer und kryptisierter sind als dessen LPs. Besonders war das der Fall für seine letzte EP Over the Carnage Rose A Voice Prophetic (Ja, es war am Ende doch eher eine EP als ein Album), die mich im Gegensatz zu den Milo-Sachen eher mit einem unglaublich starken Vibe beeindruckte als mit lyrischem Inhalt und einfach nur herrlich verrückt war. Von ihrem Nachfolger, dem mit 23 Minuten ähnlich knappen Sovereign Nose of Your Arrogant Face, erwartete ich im Prinzip nichts anderes, vor allem auch aus dem Grund, weil jene letzten Kleinformate auch sehr gut als Serie von Releases funktionieren, auf denen Ferreira einfach nur seiner künstlerischen Nerd-Exzentrik freien Lauf lässt. Zu meinem Glück sind die elf Songs hier aber doch wieder mehr geworden als das. Um ehrlich zu sein ist das hier sogar die Veröffentlichung von Scallops Hotel, die einem richtigen Album bisher am nächsten ist. Zwar reden wir hier immer noch von einem sehr abstrakten und schwierigen Release und die 23 Minuten Spielzeit sind echt sehr sehr kurz, aber inhaltlich gibt es hier wesentlich mehr zu entdecken als zuletzt. Textlich fehlt Sovereign Nose... auf einigen Songs nicht viel zu dem, was man normalerweise auch bei Milo hört, zusätzlich gibt es hier jedoch auch wieder diesen großartigen, chilligen Mixtape-Flow der Samples, der mich schon beim Vorgänger so begeisterte. Der Opener A Terror Way Beyond Falling zeigt Ferreira darüber hinaus auch Performance-mäßig so aggressiv wie schon lange nicht mehr, was in gewissen Stellen zugegebenermaßen ein bisschen witzig ist. Ein Thema, was ebenfalls hier zum ersten Mal im Scallops Hotel-Kontext wirklich Relevanz bekommt, sind Features anderer Künstler. Zwar gab es bereits auf Over the Carnage... zwei davon auf einem Song, diese waren jedoch ziemlich subtil und nicht weiter wichtig für das große Ganze, diesmal ist es ein bisschen anders. Auf Private Temple Hours übernimmt eine Strophe der junge MC Youngman, der bereits auf dem letzten Milo-Album einen wahnsinnig spannenden Part hatte, und der für mich mit diesem Beitrag endgültig in den Fokus rückt. Den meditativen und gediegenen Flow von Ferreira kontert er mit einem ziemlich abgefahrenen Highspeed-Spitting, das teilweise ein bisschen an Eminem erinnert und das seltsamerweise trotzdem total gut in die verhuschte Ästhetik des Tracks passt. Solche Dinge sind eine weitere Neuerung in der gesamten Arbeit dieses Künstlers, die ich wahnsinnig toll finde und die hier erneut wunderbar zutage treten. Unterm Strich ist Sovereign Nose... nach dem schon sehr guten Vorgänger damit ein weiteres ziemlich gutes Release von Scallops Hotel, das erneut unterstreicht, dass man den Output dieses Projektes hinter dem von Milo keinesfalls zurückstellen sollte. Wie viele dieser musikalischen Sprintmenüs ich von Ferreira noch spannend finden werde, ist eine andere Frage, aber im Moment ist die Sache noch unglaublich anregend. Zumindest solange dabei die Produktion von Milo-Platten nicht zu kurz kommt.






Persönliche Highlights: A Terror Way Beyond Falling / Bought My Kid A High Chair / Private Temple Hours / Rank, Title, Pressure / Whereareewe / Sedans

Nicht mein Fall: Temple in the Green

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