Donnerstag, 4. Januar 2018

It's Electrifyin'!





















Belle & Sebastian waren für mich persönlich schon immer eine der eher schwierigen Bands, mit denen ich nie so viel anfangen konnte wie die allermeisten Anderen. Wo andere Platten wie the Boy With the Arab Strap oder Fold Your Hands Child, You Walk Like A Peasant (trotzdem noch immer eines der Alben mit dem besten Titel) mittlerweile als so etwas wie Klassiker gelten, denen einige Menschen einen unglaublichen nostalgischen Wert beimessen, fand ich die Schotten immer eher so okay. Es gibt einige Songs von ihnen, die ich tatsächlich absolut fantastisch finde, doch bisher traf das leider auf keinen ihrer Longplayer zu. Und da die Band mittlerweile den Zenit ihrer Karriere doch deutlich überschritten hat, waren meine Erwartungen diesbezüglich auch eher eingeschränkt. Eine dreiteilige Albumserie über den Jahreswechsel 2017/18, die sich über ganze vier Monate erstrecken sollte, empfand ich außerdem als ziemliche Schnapsidee. Sowas machten normalerweise nur Künstler*innen (*hust* Green Day *hust*), bei denen kreativ sowieso nichts mehr zu retten war oder die selbige nicht richtig filtern können (*hust* Brockhampton *hust*). Im Falle von Belle & Sebastian hielt ich beides für sehr gut möglich und es hätte deshalb eigentlich keinen Grund gegeben, mich überhaupt um How to Solve Our Human Problems zu scheren. Ich hätte es sicher auch nicht getan, hätte ich im Oktober des letzten Jahres nicht doch mal in We Were Beautiful, die Leadsingle des ersten Teils, reingehört und eine ziemliche Überraschung erlebt. Statt dem wie üblich sinfonischen, großkotzigen Indie-Instrumentarium probieren sich die Schotten hier an einem wunderbar chilligen Minimal-Elektro-Beat, der nicht nur sehr hübsch in den klassischen Stil der Band eingefädelt ist, sondern auch für sich einen echt guten Song macht. Und nachdem dieser Track meine Neugier doch sehr entfacht hatte, wollte ich mir diese neuen Platten dann doch mal anhören. Und zumindest von Teil eins kann ich sagen, dass ich die Musik von Belle & Sebastian selten besser fand. Mit einer Länge von gerade mal 26 Minuten ist das hier zwar auch nur gerade so ein Album, doch tatsächlich dient das in diesem Fall sehr der Sache. Denn eine Sache, die ich an früheren LPs dieser Band immer irgendwie doof fand, war das viele Füllmaterial. Hier gibt es diesmal nur fünf Songs, die sind dafür aber auch alle ziemlich gut und jeder für sich interessant. Wo Fickle Season mit Bossa Nova-Elementen spielt, kommt Everything is Now mit Orgeln, Flöten und dicken Gitarrensoli fast ein bisschen psychedelisch daher und der Opener Sweet Dew Lee erinnert an Beatles und Kinks. Allgemein auffällig ist dabei, wie sehr sich Belle & Sebastian hier an elektronische Einflüsse heranschmeißen und obwohl der Madchester-Beat in We Were Beautiful auch schon der extremste Techno-Moment ist, ist der Unterschied zu den Neunzigern gewaltig. Wo die Band sich damals von den ach so hippen Big Beat- und House-Trends abzugrenzen versuchte, sucht sie genau mit diesen hier Kontakt und bereichert ihre Musik dadurch ungemein. Sicher, einige Hardliner-Fans von früher werden diesen Paradigmenwechsel wahrscheinlich gar nicht lustig finden und sich beschweren, aber wenn man mal darüber nachdenkt, haben wir mittlerweile auch verdammt nochmal 2018 und ich finde es sehr cool, dass Belle & Sebastian solche Spitzfindigkeiten in der Vergangenheit lassen, wo sich auch hingehören. Belohnt werden sie dafür mit einem wirklich guten ersten Mini-Album, von dem ich nur hoffen kann, dass darauf weitere folgen. Denn dann hätte diese ach so großartige Band endlich endlich auch den Weg zu mir gefunden. Wenn auch auf die unkonventionelle Art.






Persönliche Highlights: Sweet Dew Lee | We Were Beautiful | Fickle Season | the Girl Doesn't Get It

 

Nicht mein Fall: -


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