Mittwoch, 24. Januar 2018

N*E*R*V*T




















Als ich vor sechs Jahren anfing, dieses Format zu betreiben, war ein Typ namens Pharell Williams gerade mal wieder der Produzent, nach dem sich alles umsah. Spätestens nach seiner wesentlichen Beteiligung am Daft Punk-Comeback, insbesondere der Hitsingle Get Lucky, wollten alle diesen Typen. Mit Happy veröffentlichte er selbst seine bisher größte Nummer, mit Girl folgte ein sogar ziemlich gutes neues Soloalbum und mit Robin Thickes Blurred Lines setzte er sich nachträglich ziemlich auf heiße Kohlen. Seit einiger Zeit war es nun ruhig um ihn und Ende 2017 gab es erstmals eine Ahnung, warum. Nach inzwischen fast acht Jahren seit ihrer letzten LP Nothing reanimierte Williams ein weiteres Mal sein ewiges Langzeit-Bandprojekt N.E.R.D., das musikalische Outlet, das über lange Sicht noch immer der große Favorit vieler seiner Fans und vor allem der Blogger*innen ist. Jemandem wie mir, der den Sänger und Musiker Pharell eigentlich schon immer lieber mochte als den Rapper, war dieses Kollektiv ehrlich gesagt immer relativ egal. Gemeinsam mit seinen Homies Chad Hugo (aka der andere von den Neptunes) und Shay Haley versuchte er hier, eine Härte und Kantigkeit in seinen Sound zu bringen, die dieser einfach nicht hatte. In den Nullerjahren, als er damit lediglich mit den Vibes der Bling-Ära zusammenfiel, war das vielleicht nicht so auffällig. 2017 jedoch, wo ein Kendrick Lamar in den Mainstream passt und das Internet sich nur noch für Soundcloud-Rapper*innen interessiert, wird das sehr deutlich. Dass die neue Platte an sich dann leider auch ein bisschen weichgespült ist, hilft da noch weniger. Dabei gibt No One Ever Really Dies sich wirklich Mühe. Der gerappte Part von Rihanna in der Leadsingle Lemon schlug im Vorfeld der Veröffentlichung ordentlich Wellen und mit Künstler*innen wie Gucci Mane, Kendrick Lamar, Andre 3000, M.I.A., Cara Delevigne, Ed Sheeran und Future sieht die sonstige Gästeliste auch nicht übel aus. Allerdings erleben wir hier eines dieser typischen Producer-Projekte, bei denen diese sie nicht wirklich Mühe geben und die Hosts mit ihren besten Beats alleine dastehen. Kdots Part in Don't Don't Do It ist vielleicht ziemlich gut, Andre 3000 überzeugt wie immer und Wale ist in Voilà auch nicht zu verachten, doch viel größere Highlights passieren hier nicht. Wo das aber noch irgendwie zu erwarten war, finde ich es viel schlimmer, dass die drei Hauptakteure selbst auch relativ wenig gutes zu dieser LP beitragen. Eigene Strophen gibt es so gut wie keine, auch die Hooks kommen irgendwie versteift rum und vor allem in Sachen Instrumentals verkaufen sich N.E.R.D. hier weit unter Wert. Was in so gut wie allen Tracks hier passiert, klingt zwar eindeutig nach der Handschrift der Neptunes, bleibt aber weit hinter dem zurück, was man von ihnen gewohnt ist. Don't Don't Do It und Lightning Fire Magic Prayer können sich nicht richtig zwischen Partysong und Slowjam entscheiden, 1000 ist weiter entfernt von einem Banger als die meisten Sachen von Björk und ESP hat die verplanteste und ungeilste Hook, die ich seit dem letzten Fler-Album gehört habe. Selbst die Stücke, die hier unter "Persönliche Highlights" gelistet sind, sind bestenfalls mittelmäßig und zeichnen sich dadurch aus, dass sie wenigstens einen interessanten Beat abliefern (ausgerechnet der Closer mit Ed Sheeran (!) ist der beste Song hier). Was außerdem nervt ist, dass hier scheinbar jeder Track ein eigenes dämliches Outro bekommt, in dem die Band nochmal ihre "experimentelle Seite" zeigt, die häufig einfach nur nervt. Und weil das noch nicht reicht, schafft es No One Ever Really Dies ganz nebenbei noch, dass ich zum ersten Mal seit 2012 genervt von Autotune-Hooks bin. Insgesamt sind das also jede Menge echt doofer Sachen, die mir jeden noch so guten Willen, den ich mit diesem Album hatte, ziemlich verderben und zunichte machen. Eigentlich hatte ich ja bis zuletzt ziemlich Bock auf die Platte, doch so, wie hier die Verhältnisse zwischen "Sachen, die einigermaßen Spaß machen" und "Sachen, die echt total peinlich sind" gelegt sind, finde ich einfach wenig gutes daran. Kurz gesagt: No One Ever Really Dies ist in jeder Pore ziemlich miserabel und N.E.R.D. sind mir damit nur noch egaler geworden. Ich weiß, die anderen werden mich dafür steinigen, aber: Kann Pharell Williams bitte wieder Solosachen machen? Nur, damit ich wieder an ihn glauben kann.






Persönliche Highlights: Lemon / Rollinem 7's / Lifting You

Nicht mein Fall: 1000 / Don't Don't Do It / Lightning Fire Magic Prayer

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