Mittwoch, 3. Januar 2018

Das wird 2018


Es ist schon irgendwie krass, dass ich mit dem Schreiben dieses Artikels gerade das siebte Jahr meiner Aktivität als Musiknörgler, das vierte davon auf diesem Format, beginne und ich immer noch die gleiche Motivation habe wie vor sechs Jahren, als ich meinen ersten Post verfasste. Nachdem 2017 nun endgültig (und ich möchte sagen: endlich) passé ist und die Musikindustrie bis auf wenige Rastlose (ich rede mit euch, King Gizzard und Milo!) einen kurzen Powernap eingelegt hat, möchte ich einen Blick darauf werfen, was denn die nächste Saison so bringt. 2017 war ein musikalisch eher mittelmäßiges Jahr und ich hoffe, dass sich das in den kommenden zwölf Monaten bessert. Das Angebot sieht dabei zumindest erstmal nicht schlecht aus:

Die ersten großen kommerziellen Releases dieses Jahres kommen hierzulande am 12. Januar, besonderes Augenmerk liegt bei mir dabei auf zwei Platten. Zum einen das vierte Album von Feine Sahne Fischfilet namens Sturm & Dreck, mit dem die Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern an ihr in meinen Augen bisher bestes Werkstück Bleiben oder Gehen anschließt, zum anderen Wrong Creatures von Black Rebel Motorcycle Club, dem ewig unterschätzten Geheimtipp des ungestümen Rock'n'Roll. Bereits gestern erschien außerdem ein neues Mixtape von Scallops Hotel, dem zweiten Projekt des Rappers Milo, der mit diesen Projekten eigentlich immer für eine Überraschung gut ist und letztes Jahr immerhin eine der besten EPs der Saison hatte. Mit Haiytis Montenegro Zero-Tape erscheint ebenfalls am 12. Januar ein für mich eher skeptisch erwartetes Album, von dessen Singles ich bisher gar nicht angetan war, allerdings kann man bei der Hamburgerin nie so richtig wissen, was das große Ganze hergibt. Auch beim neuen Kleinformat vom Panda Bear darf man gespannt sein, auch wenn ich seine letzten Sachen eher weniger spannend fand. Der weitere Januar sieht dann nicht weniger großartig aus. Ty Segall veröffentlicht sein alljährliches Album, das diesmal unter anderem ein Hot Chocolate-Cover enthält und auf das ich logischerweise gespannt bin. Tocotronic kehren nach dem Roten Album von 2015 wieder auf Platte zurück, die neue LP Die Unendlichkeit lässt wie immer großes hoffen, auch wenn die erste Single Hey Du nicht wirklich mein Fall war. Meine größte Hoffnung setze ich im Januar jedoch auf das neue Album von Porches, der schon 2016 eine meiner Lieblingsplatten machte und mit the House nun von schmalzigem Achtziger-Pop zu unterkühltem Experimental-R'n'B umsattelt. Könnte also richtig cool werden. Im Februar interessiert mich vor allem der zweite Longplayer der algerischen Desertrock-Band Imarhan, deren Debüt vom vorletzten Jahr mir leider durch die Lappen ging, was ich aber jetzt ausbügeln will. Im März veröffentlicht außerdem die beste Metal-Supergroup der letzten Jahre, Sumac, ihre neue LP, die ich auf keinen Fall verpassen will. Und wo wir gerade bei Metal sind: Gleich in ein paar Wochen erscheint ein neues Album von Machine Head, für das sich garantiert einige von euch interessieren werden. Ich persönlich setze jedoch eher auf die Chicagoer Band Harm's Way, die im März mit Posthuman ihre vierte Platte veröffentlicht. Die Indie-Fraktion unter euch dürfte diesen Winter ebenfalls nicht zu kurz kommen: Mit Franz Ferdinand und den Wombats veröffentlichen gleich zwei frühere Helden neue LPs und auch die bereits im Dezember angefangene How to Solve Our Human Problems-Trilogie von Belle & Sebastian geht noch bis Februar weiter. Die härtere Gangart wird indes mit Snares Like A Haircut, dem ersten Album von No Age seit 2013, bedient und Tune-Yards neues Album I Can Feel You Creep Into My Private Life scheint ein ganzes Stück erwachsener zu werden. Nicht wirklich vorfreudig, aber immerhin gespannt bin ich auch auf zwei weitere Künstler*innen, die ich in den Jahren zuvor eher vernachlässigt habe: Die Indiepopper Rhye veröffentlichen im Februar wieder, und nachdem ihre Beteiligung auf dem letzten Album von Bonobo so großartig war, möchte ich sie selbst nun auch endlich mal ausführlich checken. Außerdem spannend wird die neue LP von Awolnation, die schon seit Ewigkeiten geniale Singles herausbringen, aber von denen ich noch nie einen ganzen Longplayer gehört habe, was auch dringend geändert werden muss. Mit den terminlich festen Releases war es das bisher dann auch schon. Alles weitere beruht eher auf vagen Äußerungen, wobei hier die tatsächlichen Highlights schlummern. Da wäre zum Beispiel das neue Album der Arctic Monkeys, das ja nun echt schon lange auf sich hat warten lassen und 2018 nun mit großer Wahrscheinlichkeit erscheint. Auch auf neues Material von Nicki Minaj hat man lange warten müssen, jetzt endlich sind jedoch die ersten Teaser-Singles draußen und es könnte dieses Jahr nun endlich was werden mit dem Pinkprint-Nachfolger. Diese beiden Platten wären meine persönlichen Sehnsuchtswünsche. Wobei es in den nächsten Monaten auch wieder viel Material von den Workaholics der Musikbranche geben wird: Auf die Futures, Young Thugs und Gucci Manes dieser Welt wird man sich auch 2018 wieder verlassen können, die Frage ist jedoch wie in den letzten Jahren, was in den zweiten Reihen passiert. Welche Rapper*innen schaffen das, was 2017 mit Leuten wie Lil Pump oder Cardi B passiert ist? Wahrscheinlich kennen deren Namen im Moment nur die wenigsten. Ein Album der Gruppe Migos ist indes in den Startlöchern, wobei ich hier noch überlegen muss, wie ich dieses handhaben werde, denn ganz ohne kritischen Kommentar will ich über diese Jungs gerade nicht mehr sprechen. Gerade, wenn es so viele andere schöne Platten geben wird. Nach seiner prägenden Blank Face LP von 2016 kehrt Schoolboy Q ins Rampenlicht zurück, was für mich mindestens die gleiche Aufmerksamkeit verdient wie ein neues Kendrick Lamar-Projekt, welches es dieses Jahr aber höchstwahrscheinlich (endlich mal) nicht geben wird. Dafür wird es jedoch sehr wahrscheinlich wieder Musik von Danny Brown geben, ein posthumes Album von A Tribe Called Quest-MC Phife Dawg wird erscheinen und auch die Hoffnungen auf das Comeback von Missy Elliot verdichten sich 2018. Ein bisschen ein Comeback wäre auch die neue LP von Vampire Weekend, die mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann in diesem Jahr kommt. Meine Wette, dass die New Yorker sich noch 2017 auflösen würden, habe ich damit sowieso schon verloren. Aber eigentlich umso besser. Ebenfalls freudig erwarte ich neues Material der Young Fathers, die sich zuletzt extrem rar gemacht haben, abgesehen von einem Song für den Trainspotting 2-Soundtrack war von ihnen eigentlich nichts zu hören. Jack White wird 2018 vermutlich auch wieder aktiv sein, obwohl sein Solo-Output mich ehrlich gesagt mit jedem Mal weniger packt. Für spannenden Garagenrock setze ich da schon eher auf Courtney Barnett, die sich seit ihrem Debüt von vor drei Jahren zu einer unglaublich wichtigen Künstlerin im Bereich der Rockmusik entwickelt hat, die man spätestens diese Saison nicht mehr ignorieren kann und die vielleicht gerade an ihrem Opus Magnum arbeitet. Überhaupt verspricht klassische Gitarrenmusik auch dieses Jahr wieder spannend zu werden: Frankie Cosmos, der gigantische Indie-Geheimtipp des Jahres 2016 und eine der produktivsten Künstlerinnen der Dekade, hat sich in der vergangenen Saison mit einem Deal bei Sub Pop ausgestattet und wird 2018 hoffentlich richtig groß werden. Meine größte Rock-Newcomer-Hoffnung ist jedoch die Marylander Janglepop-Band Snail Mail, die vorletztes Jahr die wunderbare Habit EP veröffentlichten und demnächst höchstwahrscheinlich ihr erstes Album vorlegen werden. Der melancholische Americana-Poprock der US-AmerikanerInnen ist vor allem kompositorisch stark und erinnert an Acts wie Girl Pool, Alvvays oder auch ein bisschen Angel Olsen. Ob letztere in den nächsten zwölf Monaten ebenfalls veröffentlicht, darüber lässt sich spekulieren. Ebenso wie über ein mögliches weiteres Projekt von Father John Misty, der vage Ankündigungen über eine neue LP gemacht hat. Nach dem imposanten Konzeptwerk Pure Comedy vom letzten April wäre das zwar ein sehr schneller Nachfolger, doch warum nicht. Interessant wäre die Platte vor allem deshalb, weil sie wohl wieder stärker an den Stil und die Inhalte von I Love You, Honeybear angelehnt sein soll, das ich wesentlich lieber mochte als das letzte Album. Zurückkehren werden 2018 auch Blood Orange, FKA Twigs und Childish Gambino, in die ich einige Hoffnungen setze. Zwar warte ich bei Twigs noch immer auf das eine Studioprojekt, das mir den Stil der Britin näher bringt, aber nach ihrer nun doch relativ langen Abwesenheit von der Musik liegt das dieses Jahr durchaus im Bereich des möglichen.Womit wir bei meinen Hypothesen und Wünschen wären, die ich für die neue Saison habe. Denn obwohl bereits viele tolle Künstler*innen 2018 neues Material angekündigt haben, bleiben immer noch Sehnsüchte offen. So frage ich mich bereits seit langem, was eigentlich A$ap Rocky die ganze Zeit macht. In den letzten Jahren gab es zwar einige Tapes des A$ap Mobb und auch mit Features hat sich der Rapper nicht zurückgehalten, allerdings wäre es echt langsam Zeit für eine neue LP von ihm. Zumal sein letztes Album At.Long.Last.A$ap vor zwei Jahren in meinen Augen sein bisher bestes war. Auch um den sonst so fleißigen Crack Ignaz war es 2017 gespenstisch ruhig, seine gemeinsame EP mit Soufian und LGoony deutet jedoch in eine gute Richtung, was neue Musik fürs neue Jahr angeht. Mein Favorit wäre dabei entweder ein neues Soloprojekt oder aber das bereits 2016 angekündigte Aurora 2. Iggy Crack hat es verprochen, jetzt darf ich also auch danach fragen. Mal sehen was passiert.
Eine Band, von der wir verhältnismäßig lange wenig gehört haben, sind Death Grips, die in der vergangenen Saison nicht mehr als eine EP produzierten. Um von ihrem Dauer-Output ein bisschen zu verschnaufen, war dieser Move genau richtig, aber auch nur, damit sie hoffentlich bald mit voller Kraft zurückkommen. Nachdem ihre letzte LP Bottomless Pit leider doch etwas vorhersehbar war, würde ich mir diesmal wieder ein bisschen Shock Value wünschen. Und das dürften diese Jungs ja wohl mit links hinkriegen. Keine Pause gönnt sich wie immer Omar Rodriguez-Lopez, auch 2017 gab es eine ganze Handvoll Alben von ihm, seine Supergroup Crystal Fairy und das Comeback von At the Drive-In nicht mal mitgerechnet. Auch 2018 wird das sicherlich weitergehen, wenngleich ich gerne wieder mehr Band-Material hören würde. Vorzugsweise irgendwas mit Antemasque oder eventuell doch die Wiederbelebung der Bosnian Rainbows? Wird sich zeigen. Von einigen meiner Lieblingsgruppen erwarte ich in den nächsten Monaten gleichsam neues Material: Ein Hop Along-Album wäre famos, Pauwels oder irgendetwas anderes spannendes vom October Tone-Label würden mich brennend interessieren und was machen eigentlich Title Fight? Des weiteren bin ich gespannt, wie sich einige Newcomer der letzten Jahre so machen werden. Nach ihrem großartigen Debüt 2016 wäre ich sehr für eine neue Platte von Mitski, auch Solkyri würden mich mit neuen Songs erfreuen, außerdem bin ich wahnsinnig interessiert an Musik der spanischen Wunderkinder von Mourn. Im Bereich des Hiphop wäre es an Skepta, den 2016 mit Konnichiwa aufgebauten Fame am Leben zu halten. Sun Worship könnten dieses Jahr ebenfalls wieder produzieren und auch wenn ich ihre letzte Platte gehasst habe, möchte ich ein Album von Erykah Badu hören. Ein witziger Funfact ist, dass 2018 das erste Jahr seit langem ist, in dem ich auf keinerlei Comebacks von irgendwem mehr warte. Nachdem in der letzten Saison mit At the Drive-In, Slowdive und LCD Soundsystem die scheinbar letzten Bands sich auch auf einem neuen Longplayer wiedervereinigten, ist das Feld inzwischen bis auf wenige Unmöglichkeiten (Sonic Youth, die White Stripes) geräumt. Und nein: Tool, System of A Down und Rage Against the Machine habe ich nicht vergessen. Die können sich ihre Reunion-Alben einfach nur sonstwo hinstecken.

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