Donnerstag, 28. Januar 2021

Voll in die Pedale

Radio Supernova - Takaisin RADIO SUPERNOVA
Takaisin
Soit Se Silti
2021

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[ energisch | euphorisch | rockig ]

Es ist definitiv die eine Version einer geilen Sache, wenn Shoegaze diese wunderbar psychedelische, atmosphärische Form von verträumter Lärmmusik ist, die mich beim Hören federweich einlullt und mein Gehirn in fremde Galaxien abfeuert, ohne dabei in irgendeinem Moment heftig sein zu müssen, und ich habe dieser Ausführung des Genres meine anhaltende Liebe dazu zu verdanken. Jene Eigenschaft des Genres war es schließlich, die mich einst zum leidenschaftlichen Verehrer dieser euphorischen Krachorgien machte und die mich auch immer wieder dahin zurückholt. Doch sollte man auf keinen Fall unterschlagen, dass es auf dieser Welt auch noch eine zweite Ausprägung von gut gemachtem Shoegaze gibt, der in meinen Augen oft ein bisschen unterschätzt wird: Die Variante, die Mitte der Neunziger Bands wie Ride oder Swervedriver spielten und die immer auch ein bisschen in Richtung der großen Arenarock-Momente schielt. Diese etwas machohafte Bombast-Ausführung des Genres, das seit jeher von den Leisetreter*innen der Indiewelt geprägt wird, scheint im ersten Moment ein bisschen widersprüchlich, ist es aber keineswegs. Zumindest dann nicht, wenn man erstmal zuhört. Und je nachdem, was man sich impulstechnisch dazuholt, kann es durchaus sehr unterhaltsam werden. So wie bei Radio Supernova und ihrem zweiten Album Takaisin, das vor wenigen Wochen erschienen ist. Das künstlerisches "Alleinstellungsmerkmal" des finnischen Quintetts, eine sowieso schon sehr kräftige und pumpende Variation von Shoegaze-Songwriting um einen sehr starken Postpunk-Einschlag zu erweitern, mag dabei auf den ersten Blick etwas billig erscheinen, hat es aber in sich. Vor allem deshalb, weil diese Band es versteht, beides kompositorisch zu ergänzen. Als ein Album, das in den meisten Momenten sehr nach vorne orientiert ist, passt es wahnsinnig gut, wie beispielsweise ein rhythmischer Bass als struktureller Kontrast eingesetzt wird, um Songs wie Tammikuu fast schon tanzbar zu machen. Oder wie das atmosphärische Muukalaiset mit einem sehr eckigen Gitarrensolo aufgewertet wird. Vor allem sind aber die Songs hier gut geworden, ganz unabhängig von den stilistischen Feinheiten dahinter. Mit ihrer euphorischen und raumgreifenden Art erinnern mich Radio Supernova an viele von mir sehr geschätzte Bands, nicht nur aus dem Bereich Shoegaze. So gibt es hier teils sehr lärmige Passagen, die etwas von den späten Sonic Youth, circa Sonic Nurse, haben, die größten Rockstar-Gesten orientieren sich am dick aufgetragenen Britpop der Neunziger und obwohl ich die Performance von Sängerin Kata Riikonen nicht direkt mit irgendetwas bestimmtem assoziiere, bringt die doch ebenfalls einen völlig eigenen Vibe mit. Für meine persönliche Befriedigung möchte ich außerdem noch auf die beiden sehr obskuren Shoegaze-Referenzen Simon Says No! und This Love is Deadly verweisen, an die mich das hier sehr erinnert. An sich ist Takaisin mit all diesen Attributen kein wirklich spezielles oder visionäres Album, außerdem gibt es nur eine handvoll Songs, die mich wirklich aus der Reserve locken. Nichtsdestotrotz bin ich sehr überzeugt vom Ansatz, den Radio Supernova hier insgesamt fahren und kann das Ergebnis durchaus weiterempfehlen. Die Platte ist konsistent solide, ihre Energie hält von der ersten bis zur letzten Sekunde, man spürt hie die Leidenschaft für das Handwerk der Musik und schlussendlich rocken die meisten dieser Songs auch einfach ziemlich die Kajüte. Falsch machen kann man hiermit also eher wenig. Und wenigstens um diese Band im Auge zu behalten sollte es hier definitiv reichen.

🔴🔴🔴🟠🟠🟠🟡🟡⚫⚫⚫ 08/11

Persönliche Höhepunkte
Tammikuu | Väkivaltaa | Kadoksiin | Nyt

Nicht mein Fall
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