Montag, 5. März 2018

Warten auf das Warten




















Es sollte zwar nicht zur Lebensweisheit werden, aber manchmal braucht es zur Erfüllung von Wünschen einfach nur ein wenig Geduld. Manchmal auch ein bisschen mehr. Aber nach inzwischen fast drei Jahren ist es mir jetzt trotzdem noch eine riesengroße Freude, endlich das zweite Album von This Love is Deadly besprechen zu können. Es nicht zu tun, wäre zwar mittlerweile auch nicht mehr ganz so schlimm gewesen, aber dennoch macht es mich froh. Denn immerhin ist die Formation aus Berlin eine der wirklich spannenden Shoegaze-Bands der letzten Jahre und ihr selbstbetiteltes Debüt war 2012 eine meiner Lieblingsplatten der Saison. Es wäre also schon schade gewesen, komplett den Kontakt zu ihnen zu verlieren. Dass es trotzdem fast passiert wäre, ist aber auch ein bisschen die Schuld der Band selbt. Eigentlich erschien Want ja bereits 2015, allerdings nur auf Vinyl und auch das war gar nicht so einfach zu bekommen. This Love is Deadly machten sich damit ein bisschen zur supercoolen Rarität und ich als konsequenter Digital Native war angeschmiert. Zumindest bis vor zwei Wochen, als die Berliner dann plötzlich doch noch eine uneingeschränkte Streaming-Version aus der Taufe holten, die jetzt auch endgültig überall zu hören ist. Natürlich möchte ich euch an dieser Stelle dazu ermutigen, Musik dieser Band auch käuflich zu erwerben, auch wenn ich nicht gerade der beste Moralapostel bin (immerhin die erste Platte habe ich auf CD 😃), insbesondere da auch Want ein ziemlich tolles Album geworden ist. Was mich am Stil von This Love is Deadly schon auf dem Debüt faszinierte, ist ihr unglaublicher Hang zu Popsongs, der überall in ihre Komposition einfließt. Anders als viele klassische Shoegaze-Acts verlieren sich ihre Tracks fast nie in endlosen Reverb-Flächen und Hall-Ozeanen, sondern bleiben meistens ziemlich bei der Sache. Fünfeinhalb Minuten für ein Stück sind das höchste der Gefühle, dazu klare Strukturen und die starke Präsens von Melodien machten die Berliner zu kleinen Exoten in der Szene. Und obwohl das mitunter wider erwarten ziemlich cool so war, verbauten sich This Love is Deadly auf ihrem Debüt damit auch hin und wieder einiges. Umso schöner ist es also zu hören, wie die Band ihren Sound auf LP Nummer Zwei ausbalanciert. Want geht dafür an vielen Stellen den klassischen Weg und streckt Passagen zugunsten einer tiefer greifenden Psychedelik, doch ist diese nicht ziellos. Dort, wo ein intensiverer Klang gebraucht wird, geben die Musiker*innen dem nach, wo Platz ist, bringen sie weiterhin große Hooks und stabile Pop-Bretter. Vertigo ist ein Track, auf dem dieser Kompromiss fantastisch gelingt und mit ziemlicher Sicherheit der Hit dieses Albums, doch wie schon auf dem Debüt faszinieren auch diesmal die Ausreißer der Platte: You Can Never Come Down hat mit seinem sehr rockigen Riffing und den direkten Vocals sicherlich das meiste von der ersten LP, Saudade hingegen experimentiert im großen Stil mit elektronischen Einwürfen und auf Hangover lassen die Cocteau Twins grüßen. Want ist dabei im großen und ganzen etwas weniger vielfältig als sein Vorgänger, aber man hat auch den Eindruck, dass die Band ihre Trumpfkarten hier sehr viel cleverer ausspielt. Wo das Debüt damals an einigen Stellen etwas überladen wirkte, finden tolle Songwriting-Momente hier nur dort statt, wo sie auch wirken können und dabei immer so, dass sie dem LP-Flow dienen. Nicht zu vergessen ist dabei natürlich auch die wesentlich bessere Produktion hier. Und das ist im Vergleich zu 2012 doch ein gewaltiger Schritt. Vom etwas exotischen Noisepop-Newcomer, der sie zu dieser Zeit waren, entwickeln sie sich hier zu einer Band, die mit beiden Beinen in ihrem eigenen Stil steht und total viele fantastische Songs schreibt. Würden sie sich damit nicht so rar machen, würden sie unter Garantie auf dem Radar der coolen Kids landen, aber dafür sind sie ja anscheinend zu cool. Und jetzt aufgepasst: Was man hier hört, ist der Sound von This Love is Deadly von 2015. Wer weiß, was die inzwischen alles gelernt haben. Wenn man mal etwas realistisch denkt, ist eine neue Platte für 2018 durchaus realistisch und Bock darauf hätte ich auf jeden Fall. 2021 kommt dann sicherlich auch die Besprechung.






Persönliche Highlights: Certainly Not Pushed / Vertigo / Never Be Mine / You Can Never Come Down / Saudade / Hangover / Naked Void

Nicht mein Fall: I Miss to Miss You

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