Donnerstag, 29. März 2018

Schonzeit




















Die Preoccupations sind in den letzten vier Jahren das beste gewesen, was der internationalen Retro-New Wave passieren konnte. Mit zwei EPs und zwei Longplayern beweisen die Kanadier seit 2014, wie man sich dem Sound von Legenden wie Joy Division, Bauhaus, New Order und Konsorten würdevoll nähert, ohne dabei billig zu kopieren. Wo ihr Debüt von 2015, damals noch unter dem Namen Viet Cong, die Stilmittel des Postpunk mit Versatzstücken aus Soul, Indiepop und Electronica mischte und damit ziemlich progressiv war, setzte das zweite selbstbetitelte Album, nun als Preoccupations ein Jahr später ein Statement für eine sehr gute Retro-Platte, die folglich auch einer meiner Favoriten jener Saison wurde. Spätestens seit Interpol nicht mehr funktionieren macht das diese Band zu einem der wirklichen Highlights in der Bewegung, von der man stets großes erwarten kann. Nichts anderes erhoffte ich mir demzufolge auch von New Material, dem nunmehr dritten Album der Formation aus Calgary, zumal die Vorzeichen darauf keinen Anlass zum Zweifel gaben: Mit Espionage und Disarray waren zwei der drei Promo-Singles dieses Albums echte Highlights, die ein weiteres eher nostalgisch gehaltenes, aber extrem stilvolles neues Projekt versprachen. Leider musste ich wenig später feststellen, dass es ganz so toll diesmal dann doch nicht geworden ist. New Material ist zwar nach wie vor eine ziemlich gute LP, die den soliden Stil ihres Vorgängers konsequent weiterführt, nur ist sie dabei nicht ganz so knackig und catchy wie selbige. In vielen Momenten wirken Preoccupations hier zum ersten Mal ein wenig zahnlos und abgeschwächt, was bisher eigentlich nie ein Problem war. Und vielleicht ist es in diesem Fall auch Absicht, denn oftmals wirkt es so, als würde sich die Band bewusst etwas zurücknehmen, um den Songs mehr Platz zu geben. Nur leider passt das in den wenigsten Fällen wirklich ins Konzept. Wo einem Stück wie Antidote das sehr sporadische, unmelodiöse Soundskelett irgendwie zu Gesicht steht, wirken andere wie Decompose oder Manipulation einfach nur langweilig. Und am besten wird es trotzdem immer noch an den Stellen, bei denen die Musiker etwas mehr reinhauen. Espionage beispielsweise steht als Opener auch qualitativ sehr in der Tradition des letzten Preoccupations-Albums und beginnt die Platte mit einem ziemlichen Feuerwerk. Auch Solace mit seiner stabilen Bassline und den versponnenen Gitarrenpassagen ist sehr unterhaltsam. Und dass die Kanadier diesen Stil auch variieren können, zeigen sie in Disarray. Ein schlechtes Album ist das hier also keinesfalls. Wer allerdings nach dem Aha-Effekt und der klanglichen Tiefe sucht, die insbesondere jenes letzte Projekt hatte, der wird hier eher nicht fündig. New Material ist gut, aber eben auch ein ganzes Stück schwächer als alles bisherige von dieser Gruppe. Und das fällt bei einem Katalog wie dem ihren einfach etwas auf. Angst um diese tolle Band muss man deshalb lange nicht haben, denn dass sie Songs schreiben können, zeigen Preoccupations auch hier. Man darf also hoffen, dass es beim nächsten Mal dann wieder mehr davon gibt.






Persönliche Highlights: Espionage / Disarray / Antidote / Solace / Compliance

Nicht mein Fall: Manipulation

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