Mittwoch, 7. März 2018

Schnell & Schlampig




















Es ist erstaunlich, was für einen guten Riecher Domino Recordings in letzter Zeit wieder für talentierte Junge Künstler*innen hat. Schon vor drei Jahren holten sie sich den Bandcamp-Darling Porches und den Rapper the Range aufs Label, die beide für sich ziemlichen Wind in der Blogosphere gemacht haben und immer wieder erscheinen hier Platten von jungen Acts, die plötzlich überall diskutiert werden. Das mag zum einen daran liegen, weil Domino an sich ja auch ein ziemliches Renomée genießt, zum anderen aber auch definitiv daran, dass das hier echt tolle Musik ist. Die jüngste Verpflichtung der Londoner Schmiede ist mit Superorganism nun ebenfalls eine Band, die direkt aus dem Internet kommt und als solche einiges verspricht. Das achtköpfige Projekt mit Mitgliedern aus den USA, Südkorea, Neuseeland und Australien besteht zwar erst seit letzten Jahr und hat in dieser Zeit gerade mal eine handvoll Tracks veröffentlicht, die waren dafür aber alle direkt Treffer ins Schwarze. Songs wie It's All Good, Nobody Cares und Something for Your M.I.N.D. sind einer wie der andere Hits und viele Leute bekamen das auch mit. Stand März 2018 gelten Superorganism damit als die vielleicht heißesten Newcomer der Saison und ihr selbstbetiteltes Debüt ist eine einigermaßen große Sache in der Community. Die richtigen Vorraussetzungen für dessen Gelingen sind dabei auf jeden Fall gegeben: Die Singles waren bis hierhin alle zumindest gut, der mit Einschlägen von Animal Collective, den Flaming Lips und dem ganz frühen Beck versetzte Indiepop der Band ist unglaublich spannend, witzig und süß und tolle Melodien schreiben können sie auch noch. Einzig Orono Noguchi störte mich als Sängerin bisher etwas, war sie doch nicht viel mehr als ein stimmliches Duplikat von Yukimi Nagano oder Molly Rankin. Meinen generellen Optimismus für dieses Album störte das aber in keinster Weise. Und das, was es nun tatsächlich geworden ist, ist zumindest ziemlich überzeugend. Zwar ist gut die Hälfte der Songs, die hier zu hören sind, schon mal irgendwann im Laufe des letzten Jahres als Promotrack erschienen, ein Problem stellt das allerdings überhaupt nicht da. Diejenigen, die diese Stücke schon kennen, freuen sich, weil sie inzwischen wie kleine Hits wirken, wer sie nicht kennt, freut sich auch, weil es eben gute Songs sind. Gerade das eröffnende Triple aus It's All Good, Everybody Wants to Be Famous und Nobody Cares kommt im Gesamtpaket nochmal eine ganze Ecke runder daher und beginnt die Platte mit einem echten Feuerwerk. Das macht wahnsinnig viel Spaß, ist unglaublich vielseitig und man hört, dass diese Band eben keine kompositorische Eintagsfliege ist, die einen schnellen Hype abgreift. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass diese drei Songs auch schon der beste Teil der gesamten LP waren. Was danach kommt, ist zwar auch nicht schlecht oder so, doch es hat eben nicht mehr die Kraft der vorigen Sachen und klingt leider etwas nach Füllmaterial. Tracks wie the Prawn Song oder Relax sind Versuche, die coolen Elemente der coolen Singles noch einmal zu multiplizieren, wirken aber hingeschludert und insgesamt nicht halb so clever. Was bei bei den Verdacht erregt, dass Superorganism mit ein paar viralen Hits im Rücken und einem frischen Deal einfach ein schnelles Album machen wollten, um die Aufmerksamkeit noch früh genug abzufangen. Noch schnell ein paar Songs geschrieben, um die 30 Minuten vollzukriegen und dann ab dafür. Das Ergebnis ist letztendlich ein Album, das etwas unter den Erwartungen zurückbleibt. Man darf das nicht falsch verstehen: Dafür, dass vieles an dieser LP ein bisschen geschlampt ist, ist sie außerordentlich gut geworden, aber die Frage ist, ob sich die Band damit zufrieden geben will. Soweit ich das beurteilen kann, hätten sie das nämlich nicht nötig gehabt. Sie schreiben gute Musik, die auch in etwas komplexeren Zusammenhängen funktioniert und sehr vielseitig ist. Ein Album in ein oder zwei Jahren, auf dem dann aber auch wirklich nur geile Songs drauf sind, wäre meiner Meinung nach drin gewesen. Und dafür ist das hier dann doch ein etwas enttäuschender Ersatz. Ich kann verstehen, warum man diese LP mag, aber wer das tut, unterschätzt die Band vielleicht auch ein bisschen. Denn sie haben unter Umständen das Zeug dazu, das zu bewahrheiten, was die ganzen Blogs seit Anfang des Jahres über sie schreiben.






Persönliche Highlights: It's All Good / Everybody Wants to Be Famous / Nobody Cares / Nai's March

Nicht mein Fall: the Prawn Song

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen