Samstag, 3. März 2018

Zehn Songs im Februar 2018 (Little Dragon, Juse Ju, Janelle Monàe, Kero Kero Bonito, Wiegedood und und und...)























1. KRAUS
Reach
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Ich hatte nichts weltbewegendes erwartet, als ich vor einigen Wochen mal in diese neue, scheinbar ganz coole Band bei Terrible Records reinhörte, aber im Falle von Kraus ist wirklich Vorsicht geboten: Ihr butterweicher Shoegaze mag sehr ätherisch sein, doch ist er durchsetzt mit musikalischen Jumpscares und teilweise auch Momenten, die ziemlich krass sind. So erinnert mich der Gesang hier durchaus an eine Mischung aus dem jungen Billy Corgan und der richtig bösen Phase von Trent Reznor, außerdem ist das Schlagzeug in Reach ebenfalls nicht unversöhnlich. Gerade deswegen aber die große positive Überraschung dieses Monats und ein heißer Tipp für ein kommendes Album.

2. WIEGEDOOD
De Doden Hebben Het Goed III
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Man könnte kritisieren, dass das, was Wiegedood mit ihrer ersten Single vom neuen Album machen, der bloße Fanservice ist: Der Name ist Programm, kompositorisch setzt der Song in zwölf endlosen Minuten das DDHHG-Thema der ersten beiden Alben als finale Furioso weiter fort und die Belgier machen hier schon wieder das, was sie am besten können: soliden, knüppelharten Black Metal. So gesehen hätte es keinen konservativeren Startschuss für die dritte LP der De Doden Hebben Het Goed-Saga geben können. Aber ganz ehrlich: Ich würde lügen, wenn ich behauptete, ich hätte nicht genau auf dieses Zeug wieder tierisch Bock. Dass ich ein Riesenfan von Wiegedood bin, belegen meine bisherigen Besprechungen und dass sie hier dem Affen Zucker geben, kann man nicht leugnen. 2018 kommt das Triple!

3. JANELLE MONÀE
Make Me Feel
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Meine erste Reaktion auf Make Me Feel war die, die sicherlich die Meisten hatten: Stabiler neuer Song von Janelle Monàe, der durchaus das Zeug zum Hit hat, aber eben auch krass bei Kiss von Prince geklaut. Diese offenkundige Einflussnahme verhagelte mir zunächst etwas meine Euphorie für den Track. Doch als letzte Woche dann bekannt wurde, dass es eventuell ja möglich wäre, dass der echte Prince noch an diesem Stück mitgeschrieben hat, sah das schon gleich ganz anders aus. Wäre dem nämlich so, wäre das hier nicht nur kompositorisch und performativ eine Sensation, sondern auch ein verdienter Ritterschlag für die Musik von Janelle Monàe, der durchaus passend wäre. Noch ist in dieser Sache ziemlich vieles ein Mysterium, doch ich bin mir ebenfalls sicher, dass wir 2018 nicht zum letzten Mal über Make Me Feel geredet haben.

4. LITTLE DRAGON
Sway Daisy
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Dass Little Dragon in den letzten Jahren immer weniger Popband und immer mehr klinische Elektro-Formation zu werden scheinen, hat bei mir bisher sehr unterschiedliche Reaktionen verursacht. Diese neue Single ist allerdings ein großer Boost auf das Plus-Konto der Schweden, die hier einen ihrer bisher langatmigsten und ätherischsten Tracks veröffentlichen. So einen Solwburner dann auch noch als Leadsingle zu veröffentlichen, zeugt von einem gewissen Mut und ich bin froh, dass Little Dragon diesen inzwischen haben. Ob 2018 ein Album kommt ist noch unklar, Bock hätte ich anhand dieser Eindrücke aber auf jeden Fall.

5. FLATBUSH ZOMBIES
Headstone
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Ich weiß jetzt, was ich an den Flatbush Zombies so toll finde: Unter den vielen eher klassisch orientierten Hiphop-Crews, die sich im Moment großer Beliebtheit erfreuen, sind sie eine, in der sich alle MCs großartig gegenseitig ergänzen. Schon auf ihrem letzten Mixtape war das zu erkennen, aber die neue Single Headstone ist in dieser Hinsicht ihr Paradestück. Die einzelnen Parts hier fließen so fugenlos ineinander, dass man meinen könnte, hier nur einen Rapper mit vier Stimmen zu hören. Auch wie alle sich hier gegenseitig backen, ist absolut genial und man merkt hier, dass so etwas eben auch Brockhampton oder Injury Reserve nicht haben. Sollte dieses Jahr ein Mixtape oder ein Album kommen, bin ich definitiv gespannt darauf, denn als klingt, als hätten diese Jungs ihren Shit beisammen.

6. LET'S EAT GRANDMA
Hot Pink
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Dass Let's Eat Grandma aus dem Umfeld des PC Music-Labels kommen, merkt man an diesem Song definitiv, trotzdem ist Hot Pink auch eindeutig irgendwie Post-PC Music. Dieser Track hier ist wesentlich seriöser, düsterer und gegenwärtiger als alles, was bis vor kurzem von der digitalen Traumwolke aus London kam. Gerade deswegen zeigt er jedoch eine äußerst spannende Perspektive für diese Art von Musik auf, die ich zuletzt leider etwas vermisst hatte. Let's Eat Grandma geben der Glitzerpop-Welt von AG Cook und Hannah Diamond ein wenig mehr die Kante von GFOTY, bleiben aber trotzdem bei eingängigen Hooks und sehr simplen Messages. Bin gespannt, wo diese Sache noch hinführt...

7. KERO KERO BONITO
Only Acting
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Dass sich im Moment alle so empören, dass Kero Kero Bonito jetzt auch Gitarre spielen, finde ich irgendwie ein wenig übertrieben. Sicher, bisher kannte man die BritInnen dafür, sich vor allem an fernöstlicher Popmusik zu orientieren, doch in meinen Augen hatte dieser bei ihnen schon immer einen dezent englischen Indierock-Einschlag. Dass dieser auf der neuen EP (und demzufolge auch dieser Single) nun stärker zutage tritt, mag plötzlich kommen, doch es ist eine Veränderung, die in meinen Augen zu dieser Band passt. Und wie man an Only Acting merkt, verlieren sie damit keineswegs ihr Gespür für fantastische Hooks und exzellentes Songwriting. Am Ende des Tages ist das für mich die Hauptsache.

8. ASH KOOSHA
Earth
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Ich finde es übrigens sehr cool, dass ich im neuen Jahr schon so viel elektronische Musik toll finde, was ja sonst immer eines meiner *ähem* Problemfelder ist. Zum Beispiel diesen neuen Track hier von Ash Koosha, einem für mich relativ neuen Act, dessen Entdeckung sich jedoch gelohnt hat. Earth ist IDM im besten Sinne des Klischees und dabei gleichermaßen brutal wie ätherisch. In vielen Details gelingt es hier, trotz einiger Repetition nicht langweilig zu werden und diese Art von Sog zu erzeugen, die ich bei solcher Musik immer brauche. Ob ich ein Album davon aushalte bleibt abzuwarten, aber vielleicht kann ich das ja bald selbst ausprobieren.

9. TOPAZ JONES
Toothache
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"I'm just oldschool" lässt Topaz Jones am Anfang dieses Songs gleich die Katze aus dem Sack und hat damit zumindest so halb Recht: Auf den ersten Blick ist Toothache ein saftiger Funk-Track mit allen Stereotypen, die es darüber gibt. Schrilles Keyboard, smoothe Bassline, Falsettgesang. Schaut man genauer hin, sieht man aber noch viel mehr: Jones' Performance hier hat eine starke Andre 3000-Schlagseite, moderner R'n'B schleicht sich ebenfalls ein wenig rein und strukturell gesehen ist das hier ebenfalls relativ fernab von klassischem Pop. Fakt ist, dieser Song ist nur eine Facette dieses jungen Künstlers, der 2018 garantiert noch seine 15 Minuten Ruhm bekommt. Hoffentlich auch mit einem guten Debütalbum.

10. JUSE JU
Lovesongs
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Mit diesem letzten Pick habe ich ein bisschen so meine Probleme und ich bin mir nach einigen Wochen immer noch nicht sicher, ob ich Lovesongs wirklich mag. Einerseits finde ich es total toll, dass Juse Ju mit seiner zweiten Single vom kommenden Album Shibuya Crossing eben nicht wieder den gleichen Film fährt wie schon letztes Jahr auf Im Modus (den er auch auf der ersten Single 7/11 fuhr). Auch dass er jetzt einen "ernsten Song" schreibt, finde ich prinzipiell nicht verkehrt. Dennoch muss ich leider feststellen, dass er dabei ohne gewisse peinliche Emo-Momente nicht auskommt und manchmal in dieses "Ich mache Deutschrap aber mit Gefühlen"-Ding reinrutscht, gegen das ich ziemlich allergisch bin. Das Album wird zeigen, wie ich letztendlich darüber befinde und ich will diesmal nicht so vorschnell urteilen wie letztes Jahr bei Fatoni und Mine. Nur eine Frage noch: Sagt er im Refrain jetzt eigentlich "Marktforscher" oder "Mark Forster"?

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