Sonntag, 11. März 2018

30 Jahre nicht die Pixies




















Die Tatsache, dass die Breeders in der Pop-Historie auf ewig und für immer als ein Nebenprojekt der Pixies und Throwing Muses niedergeschrieben sind, wird aus meiner Position heraus wohl immer etwas merkwürdig sein. Nicht nur kenne ich die Musik ersterer schon eine ganze Weile länger (mehr oder weniger bewusst), es ist auch an sich völlig absurd. Die Breeders sind die Band, die höchstwahrscheinlich viel stärker das künstlerische Ideal ihrer Frontfrau Kim Deal wiederspiegelt, die bis heute das einzige kontinuierliche Mitglied der Formation ist und sich hier musikalisch eher von den Pixies emanzipierte, als deren Stil forzuführen. Sicher, auch dem frühen Output der Breeders hört man in gewisser Weise den Schwebezustand zwischen Mainstream und grantigem Indierock an, der schon in den Achtzigern zur Handschrift von Deal gehörte, doch unterstrich das für mich immer vor allem, dass diese Band ein ganz eigenes Ding ist. Bis heute haftet an dieser Gruppe kein Begriff so wirklich, weder Post-Grunge noch Riot Grrrl noch Indierock. Und das ist auch einer der Gründe, warum ein neues Album von ihnen für mich auch 2018 noch eine spannende Angelegenheit ist. In diesem Fall natürlich im besonderen, da All Nerve auch ihr erster Longplayer seit inzwischen zehn Jahren ist, aber auch sonst wäre das sicherlich nicht anders. Denn eine Sache wird hier einmal mehr sehr schnell sehr deutlich: Der Sound der Breeders ist in den letzten 30 Jahren wahnsinnig gut gealtert. Die Songs hier klingen im wesentlichen nicht anders als das, was die Band schon in den Neunzigern machte und dennoch wirkt des meiste hier klanglich extrem frisch und vergleichsweise zeitgemäß. Ein wenig liegt das sicher auch daran, dass die komplette Indieszene im Moment ein einziges Echo der Riot Grrrl-Bewegung darstellt, doch wie gesagt: Die Breeders sind wie immer ihr eigenes Ding. Gekonnt verzichten sie hier auf grantige Rock-Momente zugunsten ausgefuchster Melodiepassagen, machen Popmusik im Garagen-Outfit und versöhnen Punk mit Easy Listening. Die Sachen eben, die sie schon immer gut konnten. In einigen Tracks, vor allem im Mittelteil der LP, funktioniert das leider nicht ganz ohne ein paar öde Durchhänger und wer wie ich eigentlich einen etwas aggressiveren Sound gewöhnt ist, muss sich mit einigen Entscheidungen erst anfreunden. Zum Ende hin jedoch fangen sich die drei Musikerinnen wieder und schaffen mit Stücken wie Dawn: Make An Effort und Archangel's Thunderbird einige ziemlich großartige Momente. Dass die gesamte Platte dabei gerade mal 33 Minuten geht, finde ich ehrlich gesagt ziemlich cool. Statt des epochalen Comebacks, das man dieser Band eh nicht abnehmen würde und das auch niemanden interessiert, bekommen wir ein Album, das sich aufs wesentliche konzentriert und damit mehr überzeugt als mit allem anderen. Wenn die Breeders damit eines zeigen, dann wie man würdevoll und entspannt mit seinem eigenen Erbe umgeht. Und dass diese Platte vielleicht nicht die beste des Jahres ist, aber eben auch kein ächzendes Melancholie-Monster, das eigentlich nur nervt. Spätestens das haben sie dann auch den Pixies voraus.






Persönliche Highlights: Nervous Mary / Wait in the Car / Howl at the Summit / Archangel's Thunderbird / Dawn: Making An Effort

Nicht mein Fall: Spacewoman

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen