Samstag, 18. März 2017

Super Trouper

Es ist mal wieder das ewige Leiden, über das ich als Fast-Millenial hier so gut wie ständig jammere: Die Tatsache, dass ich die Zweitausender größtenteils als Heranwachsender ohne selbstständige musikalische Identität verbracht habe, macht mein Verhältnis zu den Shins zu einem seltsamen. Wenn ich an die Band denke, habe ich nicht ihre frühen großen Werke wie Chutes Too Narrow oder Oh, Inverted World im Kopf, sondern meistens den Simple Song von 2012. Eigentlich fand meine erste Begegnung mit James Mercers Songwriting sogar über das erste Album der Broken Bells statt, ist also mehr oder weniger komplett verschoben. Nichtsdestotrotz habe ich mich über die Jahre sehr mit dem aktuellen Sound der Formation aus Albuquerque angefreundet und von meinen ersten Schritten als Blogger habe ich ihren letzten Longplayer Port of Morrow noch in guter Erinnerung. Dass die Shins heute actionreicher und poppiger klingen als in ihrer Anfangsphase und inzwischen immer so ein bisschen Abba sein wollen macht mir deutlich Spaß und auch auf Heartworms freute ich mich eigentlich sehr. Denn bisher wusste James Mercer immer, die vielen bunten Elemente seiner Songs so zu kanalisieren, dass sie ein sehr rundes Gesamtergebnis abgeben konnten und seine Texte waren gleichermaßen eingängig und gehaltvoll. Warum sollte sich das hier also ändern? Die Antwort darauf ist wahrscheinlich, dass die Shins diesmal Blut geleckt hatten. Nachdem Port of Morrow so gut funktioniert hatte und sich Mercer außerdem immer mehr mit Danger Mouse herumtrieb (die letzte Broken Bells-Platte sollte hier ein deutliches Indiz sein), dachte er sich hier, wieso er nicht einfach auch ein bisschen weiter gehen könnte. Nun ja, der Grund dafür liegt auf der Hand: Heartworms ist vielleicht das erste Album seiner Band, das man als chaotisch bezeichnen kann. Der Fehler, der hier für diesen Effekt sorgt ist, dass das Ziel hier eben nicht mehr zu sein scheint, harmonische, runde Songs zu schreiben, sondern eben auch mal ein bisschen krass zu sein. Und obwohl es in der Theorie immer schön ist, wenn sich Künstler_innen dann und wann erlauben, mal ein bisschen am Rad zu drehen, wirkt es hier meistens so, dass die Shins übers Ziel hinausschießen. Im Kern sind Tracks wie Cherry Hearts oder Half A Million immer noch die Art von Musik, die wir von James Mercer schon lange kennen, nur bindet er diesmal überall kleine Gimmicks ein, die eigentlich kein Mensch braucht und die nur ablenken. Und teilweise macht das die schönen Melodien, die er hier komponiert hat, ein bisschen zunichte. Keiner der Songs wird dadurch tatsächlich unerträglich oder so, aber so gut wie jeder könnte auch besser sein. Es ist ein bisschen so wie zuletzt bei Jens Lekman, dem seine neuen Spielsachen auch wenig gebracht haben. Nur dass die Shins eigentlich wissen, wie es besser geht. Und zum Glück gibt es dafür auch genügend Beweise. Mein Tipp für Einsteiger also: Spart euch diese Platte und hört euch erstmal ein paar alte Sachen an. Manchmal ist es nämlich auch ganz gut, vo vorne anzufangen.





Persönliche Highlights: Name for You / Rubber Ballz / Heartworms / So Now What / the Fear

Nicht mein Fall: Painting A Hole

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