Sonntag, 12. März 2017

Alles bleibt anders

Ich habe in der letzten Zeit oft und gerne über Künstler_innen geschrieben, die die Stilregeln des HipHop zu transzendieren versuchen, selbst für Genre-Grenzgänger ungewöhnliche Einflüsse einbeziehen und die Musik somit wirklich revolutioniren. Wenn ich über dieses Thema rede, denke ich meistens an Leute wie Milo, Billy Woods oder in letzter Zeit Lil Ugly Mane oder Quelle Chris, aber obwohl es die Band Why? schon viel länger gibt, kamen sie mir dabei bisher nie in den Sinn. Wahrscheinlich liegt das daran, dass die Formation um Rapper Yoni Wolf nicht das gleiche Verständnis von Coolness hat wie viele der eben genannten Leute, sondern eher ein irgendwie urtümlich-niedlich-kauziges, das ich nie so richtig verstanden habe. Dennoch war ihre sonderbare Mischung aus Rap-Vocals und Indiepop zumindest immer bemerkenswert und ist bis heute erstaunlich gut gealtert. Tatsächlich ist die letzte Langspielplatte der Kalifornier auch schon gute viereinhalb Jahre her. Und das merkt man auf Moh Lhean definitiv auch, denn so einiges hat sich hier verändert. Vor allem eine Sache fällt direkt nach den ersten Sekunden auf: Hier rappt ja gar keiner mehr! Why? sind in der Zeit, in denen es nichts von ihnen zu hören gab, mehr oder weniger komplett zur Indieband transformiert. Eine Entwicklung, die einige vielleicht sowieso früher oder später erwartet hätten, war das Quartett doch schon immer sehr affin für straighten Gesang und Melodien, doch war HipHop eben doch immer ein Teil von ihnen. Erstaunlich ist aber, wie gut die Band das Fehlen des selbigen verkraftet hat. Andere Künstler_innen würden an einem solchen Paradigmenwechsel möglicherweise ihre Karriere zerbrechen lassen, doch Why? machen einfach dort weiter, wo sie eh schon immer ein bisschen waren: Als niedliche, sympathische Indiepop-Gruppe. Die Texte sind weiterhin seltsam und verträumt, die Musik weiterhin irgendwie eingängig aber doch ziemlich experimentell und die Attitüde des Albums weiterhin ansteckend und witzig, als würde Wes Anderson jetzt Kinderfernsehen machen. Doch dass die Songs von Why? so bleiben wie vorher, heißt in diesem Fall auch, dass ich auch all die Problemchen, die ich früher mit ihnen hatte, hier wieder finde. Beispielsweise, dass Tracks wie Proactive Evolution oder Easy scheinbar keinerlei roten Faden aufweisen, dass Experimente sich sehr oft ins bodenlose verlaufen und das Gesamtwerk ziemlich ungeordnet und richtungslos wirkt. Durch die exponentielle Vermehrung gesungener Passagen gibt es zwar mehr eingängige Melodien als vorher (beziehungsweise gibt es überhaupt mal welche), doch dafür baut Moh Lhean auf inhaltlicher Ebene etwas ab. Die neuen Songs sind automatisch vielseitiger, doch fehlt ihnen manchmal das gewisse Etwas. Unterm Strich ist die neue Platte also, ob mit Rap oder ohne, auch nicht besser als alles vorher. Man kann zwar auch sagen, es ist bemerkenswert, dass sie nicht schlechter ist, aber man will ja immer fortschrittlich denken. Und einen Fortschritt unternehmen Why? hier leider wieder mal nur theoretisch. Nicht mal mehr was zum transzendieren haben sie.





Persönliche Highlights: This Ole King / One Mississippi / the Barely Blur

Nicht mein Fall: Proactive Evolution

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