Samstag, 11. März 2017

Das verflixte dritte Album

Neue Musik von den Sleaford Mods zu hören, ist eigentlich immer vor allem ein riesengroßer Spaß. Das seltsame Rap-Duo aus Nottingham, das sich in den vergangenen Jahren mit ihrem eigenwilligen Stil zwischen Spoken-Word-Slam-Poetry, politischem Punkrock, Billig-Elektro-Beats und viel asozialer Vollatzen-Attitüde mit mittelenglischer Schnauze einen Namen gemacht haben, sind eine der Bands, die ihren Hype wirklich bisher immer wert gewesen sind. Ihre ersten beiden Alben Divide & Exit und Key Markets sind gleichermaßen abgefahren und trotz ihrer offensichtlichen Albernheit wesentlich hörenswerter und vor allem ehrlicher als vieles, was sich derzeit 'Arbeiterklassen-Musik' schimpft. Wer jetzt neugierig geworden ist, dem kann ich diese Platten auf jeden Fall weiterhin ans Herz legen, da sie auch trotz ihrer ulkigen Art relativ gut zugänglich und eingängig klingen. Und wer einen Beweis dafür haben will, dass Beatmaster Andrew Fearn den besten Job der Welt hat, kann sich die beiden auch gerne live ansehen. Was uns zu English Tapas, dem dritten richtigen Longplayer der Briten, bringt. Nachdem das bisherige Konzept zweimal hervorragend funktioniert hat, wurde es diesmal doch langsam Zeit, das ganze ein wenig weiterzuentwickeln und auf eine neue Ebene zu heben. Das wussten die Fans, das wussten die Blogger und das wusste zum Glück auch die Band selbst. Doch wie zur Hölle sollte man einen so eigenwilligen Sound wie den der Sleaford Mods bitte aufpeppen? Instrumentale Aufstockungen funktionieren schon theoretisch nicht, da die trockene, räudige Klanglandschaft die gesamte Ästhetik des Duos ausmacht. Elektronische Beats sind schon früher gescheitert. Und um sich der im UK gerade sehr angesagten Grime-Welle anzuschließen, ist das hier am Ende doch zu sehr Punk- beziehungsweise Rock-Projekt und zu wenig HipHop. Und so findet die Lösung der Stagnation hier mehr oder weniger in den Details statt. Jason Williamson hält sich lyrisch eher zurück und singt dafür mehr, elektronische Elemente fließen neben den typischen Gitarrensounds ein und es wird, wie in Just Like We Do, noch stärker versucht, vielleicht sogar ein paar Hits zu schreiben. Man muss den Sleaford Mods lassen, dass diese doch sehr komplizierte Transformation gut über die Bühne geht und dazu gehört schon eine gehörige Portion Mut. Dennoch besteht für mich auch absolut keine Diskussion darüber, dass English Tapas das bisher schwächste Album der Briten ist. Durch die Ziellosigkeit, die die Songs durch die Experimente plötzlich bekommen, fehlt hier viel von der Direktheit und der Schlagkraft, die besonders Key Markets so gut machte. Natürlich sorgt die neue Ausrichtung auch für überraschend gute Momente, wie den tatsächlich echt schönen Gesang (Ja, der kommt auch von Williamson!) in I Feel So Wrong oder die catchige Hook von Just Like We Do. Doch der Gesamtheit des Albums fehlt irgendwie der Punch, das Tempo und die Richtung, um wirklich etwas zu reißen. Trotzdem muss ich Sleaford Mods meinen Respekt dafür zollen, dass sie es überhapt versuchen und ich bin mir einigermaßen sicher, dass English Tapas lediglich eine Übergangsphase darstellt und das die beiden Musiker das nächste Mal wissen, was sie mit den neuen Einflüssen anfangen sollen. Und richtig scheiße sein kann diese Band sowieso nicht, solange Jason Williamson noch auf wüstem Cockney über alles rumschreit, was er doof findet. Denn sowas nennt man Punk und den kann man eben niemals faken. Das haben diese beiden Jungs 2017 noch dem Rest der Welt voraus.





Persönliche Highlights: Just Like We Do / Snout / Drayton Manored / Carlton Touts / Dull / I Feel So Wrong

Nicht mein Fall: Messy Anywhere

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