Mittwoch, 29. April 2015

Polyphonie unterm Regenbogen

AND SO I WATCH YOU FROM AFAR
Heirs
Sargent House
2015














Sie sind schon ein drolliger Haufen, diese höchst eigenartige Band aus Nordirland, die bereits seit Jahren die Rockmusik revolutioniert, ohne dass es jemand merkt. Schön, dass sie wieder da sind. Ich kenne And So I Watch You From Afar ja nun bereits seit 2011, als sie gerade ihr Zweitwerk Gangs veröffentlicht hatten. In meinen Augen ist diese LP noch immer eine der besten Platten dieses Jahres und ein ganz persönliches Highlight auf der ewigen Tabelle des Mathrock. Heirs ist Album Nummer zwei seitdem und geht noch weiter den Weg, der die Band langsam aber sicher immer weiter in die offenen Arme der Popmusik treibt. Schon vor fünf Jahren, als ASIWYFA streng genommen noch Post-Metal machten, war die Dichte an Zuckerwatte-Riffs und quietschbunten Gitarren extrem hoch für diese Art von Musik, seitdem steigt die Kurve mit jedem Album weiter an. Bisheriger Höhepunkt war der letzte Longplayer All Hail Bright Futures von 2013, auf dem das Quartett stellenweise klang wie sein eigener Nightcore-Remix mit Gitarren. Dass Heirs nun doch wieder rockiger geworden ist, sagt aber keinesfalls aus, dass sich das hier relativiert. Sicherlich klingen die zehn neuen Kompositionen wieder dichter und die Synthesizer halten sich im Hintergrund, dafür haben ASIWYFA hier all ihre Poren für süße Melodien und den perfekten Pitch geöffnet, der sie nun doch fast wieder zu einer Pop-Angelegenheit macht. Dabei habe ich das wichtigste noch gar nicht erwähnt. Auf Heirs kultivieren die Iren zum ersten mal das, was man auf All Hail Bright Futures schon in Andeutungen hörte: Gesang. Und damit haben sie sich richtig Mühe gegeben: Es gibt zwar nur bedingt so etwas wie einen Text, doch dafür hat die Band auch gleich ganze Chorsätze geschrieben, die mit Vokalpolyphonie und Einzelstimmen ähnlich nerdig ausfallen wie ihre Instrumentals. Dass beides auch zusammen wunderbar funktioniert, beweist der Opener Run Home, in der sich die Instrumentalgruppe mit den Sängern ein imposantes Battle liefert, bei dem am Ende alle Beteiligten Regenbögen kotzen. Hat man das einmal überstanden, ist der Rest des Albums wie ein Besuch in Willy Wonkas Schokoladenfabrik: Man kann schwer glauben, was man da hört, aber es ist alles unglaublich faszinierend. Und wenn man am Ende angekommen ist, will man am liebsten nochmal. Ein Effekt, der ASIWYFA unter vielen Kollegen für mich immer noch auszeichnet und besonders macht. Was mit Heirs auch großartig untermauert wird, denn wo die letzte Platte vielleicht noch ein bisschen ungelenk war, kommt hier alles sehr souverän und wie aus einem Guss rüber. Da kann ich schon mal zugeben, dass ich die Iren für eine der besten Rockbands dieser Tage halte. Hier wieder genau so wie immer. Gute Arbeit!
9/11

Beste Songs: Run Home / Wasps / Fucking Lifer / Tryer, You

Nicht mein Fall: Redesigned A Million Times

Weiterlesen:
Review zu Gangs (ASIWYFA):
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Review zu Artery (Brontide):
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