Samstag, 4. April 2015

Gesammelte Werke

BILLY WOODS
Today, I Wrote Nothing
Backwoodz Studios
2015















Man kann froh sein, dass Billy Woods keiner dieser MCs ist, die HipHop einfach machen. Keiner von denen, die über das schreiben, über das alle schreiben. Keiner von denen, die das große Potenzial, das dieses Genre als Informationsmedium hat, brach liegen lässt. Billy Woods ist einer von den wenigen, wegen denen es sich für mich lohnt, HipHop tiefer zu erkunden. Denn das muss man tun, um an diesen Künstler heranzukommen. Sein neues Mixtape Today, I Wrote Nothing leakte vor wenigen Tagen auf Bandcamp. Doch gab es darum kaum Geflüster und es war mal wieder ein unverschämtes Glück, dass ich überhaupt davon mitbekommen habe. Und das wollte ich um jeden Preis. Schließlich ist Woods, was das Vermitteln von kritischen Inhalten angeht, einer der Spitzenreiter im Game. Seine Texte schlagen selbst die der Indie-Talente um Längen und es ist wirklich immer aufregend, ihm zuzuhören. Auf seinem Debüt History Will Absolve Me setzte sich der New Yorker mit schwierigen Themen wie Krieg, Politik, Geschichte, Kunst und Wahrheit auseinander. Das tat er durchweg sehr (selbst)kritisch und mitunter auch mit jeder Menge intellektuellem Überbau. Das gleiche gilt für seine Kollaboration mit Elucid auf dem ersten Armand Hammer-Album Race Music von 2013 und seine zweite LP Dour Candy im selben Jahr. Bei ihm hatte man irgendwie immer das Gefühl, er hätte wahnsinnig viele Bücher gelesen, nur um einen Text fertig zu stellen. Eine sehr kurze Frequenz an neuen Veröffentlichungen spricht aber eine andere Sprache. Drei Jahre nach dem Debüt ist Today, I Wrote Nothing bereits sein dritter Longplayer. Und auch dieser leidet qualitativ nicht an der kurzen Arbeitsphase. Die neue Platte ist zwar erstmals nicht so ausführlich konzipiert wie die letzten Projekte, doch bei einer Mächtigkeit von 24 Tracks in 52 Minuten kann man sicherlich mal ein Auge zudrücken. Denn gute Geschichten erzählt Woods auch hier, wobei sich fast alle in irgendeiner Weise um das Thema Sterblichkeit drehen. Faszinierend ist es, aus wie vielen verschiedenen Blickwinkeln dabei gesprochen wird. Der Künstler schlüpft hier in diverse Charaktere und Situationen und reflektiert aus dieser jeweiligen Sichtweise. Mal ist er ein Poet mit Schreibblockade, mal ein Krimineller, der gerade geschnappt wurde, mal ist er im Club, mal im Knast und mal in der Kirche. Hier auf einzelne Tracks einzugehen, würde den hier gesetzten Rahmen sprengen. Die Erkenntnis des ganzen ist jedoch nur einmal mehr, dass Billy Woods eine Ausnahme unter den Rappern ist. Er schreibt nicht nur einfach Songs, sondern ganze Storys. Und auch wenn Today, I Wrote Noting vielleicht keinem Roman, sondern nur einer Sammlung von Erzählungen gleichkommt, ist es doch mehr, als der große Durchschnitt des HipHop gerade so bieten kann. Ein weiteres großartiges Album in der Diskografie des New Yorkers.
9/11

Beste Songs: U-Boat / Warmachines / Lambs / True Stories

Nicht mein Fall: Carpetbagger

Weiterleitung:
Review zu History Will Absolve Me (Billy Woods):
zum Review

Review zu Jenny Death (Death Grips):
zum Review

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