Sonntag, 26. April 2015

Careful What You Wish For

BLUR
the Magic Whip
Parlophone
2015















Es war dann doch irgendwie alles zu schnell und zu viel in den letzten Monaten. Man hätte gedacht, wenn Blur nach zwölf Jahren, von denen sie die Hälfte schon als wiedervereinigte Band verbrachten, ein neues Album machen, steht die Zeit still. Dann wird etwas unvorhergesehenes passieren. Dann umarmen sich wildfremde Menschen auf den Straßen. So oder so ähnlich. Alle, die Musiker selbst zu vorderst, hatten so lange vom Mythos des neuen Longplayers gesprochen, bis er kein Mythos mehr war. Bis sie es das erste Mal in den letzten Jahren wirklich ernst meinten. Von da an übernahm die Realität. Und die sah wie immer weniger glamourös aus als all die Vorstellungen, die man sich gemacht hatte. Der eigentlich obligatorische Hype blieb aus und die Vorboten des Albums hätten das auch nicht gerechtfertigt. Vier Singles gab es im Vorfeld von the Magic Whip, und keine von ihnen war wirklich gut. In einem Review zu Go Out hatte ich noch gesagt, dass es sicherlich Hits geben würde. Wir reden hier schließlich von Blur. Es kamen aber keine Hits. Verdammt. Ein bisschen Verständnis lieferte dann doch ein Interview mit Graham Coxon, in dem dieser erklärte, dass die Platte in lediglich fünf Tagen und unter wenig Druck entstanden sei. Nach klassischen Business-Maßstäben nicht gerade die Attitüde, mit der man ein Comeback angeht. Aber Erwartungen zu crashen gehört ja zu den Meisterstücken der Briten und ich hatte bis zum Schluss nicht die Hoffnung aufgegeben, hier an eine Mogelpackung geraten zu sein. Aber auch diesmal sollte ich enttäuscht werden. Blur im Jahr 2015 sind tatsächlich vorhersehbar und langweilig geworden. Und The Magic Whip ist tatsächlich großer Blödsinn. Es ist das schlechteste Album, das ich je von ihnen gehört habe. Ja, es ist schlechter als the Great Escape. So hart muss ich das leider sagen. Denn die Enttäuschung über so ein Ergebnis ist schon sehr groß. Eine so kreative und geniale Band hört man hier durch zwölf Songs dümpeln, die eher mittelmäßig alte Ideen recycelt, geschweige denn dass sie neue bringt. Ein Song wie I Broadcast hätte genau so schon auf Parklife gepasst und There Are Too Many of Us versucht das Rezept, das schon bei Under the Westway nicht aufging, einfach nochmal. Solche Momente sind einfach nur peinlich für Blur, denn sie lassen die Band so wirken, als hätte sie nur eine Platte gemacht, weil die Fans eine wollten. Nicht jedoch die Akteure selbst. Es gibt einige klägliche Versuche, ansprechende Songs zu schreiben, wie in Ice Cream Man oder My Terracotta Heart. Aber diese sind so wenig entwickelt, dass man eher von Skizzen sprechen sollte als von fertigen Tracks. Das ganze als Minimalismus zu verkaufen klappt aber auch nicht, weil das Orchester ja nun einmal gebucht war. Und unterm Strich hat man mit the Magic Whip dann zwölf Stücke, an denen es jede Menge zu nörgeln gibt. Für Pop-Legenden wie Blur finde ich es vernichtend, dass ich hier keinen einzigen Song ohne Kritik abnicken kann. Alles hier ist unfertig, faul geschrieben und irgendwie schwachbrüstig. Bei so einem Reinfall fragt man sich dann schon, ob man sich da all die Jahre nicht doch das falsche gewünscht hat. Think Tank war doch als Vermächtnis gar nicht so übel. Und Blur live waren auch nicht verkeht. Zumindest um Welten besser als das hier. Das hier ist einfach nur ein Schandfleck. Mit freundlichen Grüßen, ein besorgter Fan.
5/11

Bester Song: Mirrorball

Nicht mein Fall: New World Towers / There Are Too Many of Us

Weiterlesen:
Single-Review zu Parklife (Blur):
zum Review

Review zu Go Out (Blur):
zum Review

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