Dienstag, 28. April 2015

Das Traumpaar der Grauzone

COLIN STETSON & SARAH NEUFELD
Never Were the Way She Was
Constellation
2015














Man traut sich als verwöhnter U-Musik-Blogger manchmal nicht so richtig, das Thema Neo-Klassik anzureißen. Zu sehr fürchtet man doch die bösen Zungen elitärer Musikhörer, die einen dann dafür abstrafen, gerade noch über Young Thug und Rihanna geredet zu haben. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich jedoch sagen, dass sich die Abstecher in diese Grauzone der modernen Musik sehr häufig gelohnt haben. Ich brauche nur Namen wie William Ryan Fritch oder Owen Pallett zu nennen, um dies zu untermauern. Auch für Colin Stetson und Sarah Neufeld habe ich eine große Sympathie übrig, auch wenn nur letztere bisher von mir Erwähnung gefunden hat. Beide Künstler stammen aus dem Dunstkreis von the Arcade Fire, wo sie Mitte der Nullerjahre bereits den Anspruch klassischer Musik in Popsongs einzuflößen wussten. Ferner haben auch beide bereits sehr überzeugende Soloprojekte vorgelegt, die jeweils noch weiter in die experimentelle Richtung abdrifteten. Als im Winter diesen Jahres also eine Kollaboration eben dieser Künstler angekündigt wurde, war ich durchaus gespannt. Für die richtige Gruppe von Musikhörern sind Stetson und Neufeld sowieso schon lange ein Traumpaar. Und man kann Never Were the Way She Was anhören, dass diese Leute nicht Unrecht hatten. Man muss ja bei diesem Album auch sehen, dass hier zwei Musiker zusammen arbeiten, die sich bereits aus früheren Tagen kennen. Entsprechend eingespielt klingen die Parteien dann auch auf Platte. Beide Künstler sind hier größtenteils mit ihren angestammten Instrumenten vertreten (Saxofon bei Stetson, Violine bei Neufeld) und wissen diese geschickt ineinander zu verweben. Wobei das Ergebnis überraschend entspannt daher kommt. Never Were... ist keine Musik, die nur von hochnäsigen Avantgardisten gehört werden kann. Jeder, der zumindest schon mal Postrock oder Jazz gut gefunden hat, wird sich auch hiermit zurechtfinden. Das kommt vor allem dadurch, dass die beiden Akteure ihre Kompositionen sehr unaufgeregt und nicht hochambitioniert angegangen sind. Die Songs sollten gut werden, aber kein allzu krasser Kunstkram. Auf Songs mit Überlänge und Impro-Passagen muss man sich trotzdem einstellen. Doch dafür, dass hier zwei echte Nerds am Werk sind, ist Never Were... ausgesprochen harmonisch. Kein Track hier ist unpassend, alles klingt wunderschön und Stetson und Neufeld stellen sich tatsächlich als Traumpaar heraus. Um es kurz zu sagen hat sich wieder mal ein Ausflug in die Neo-Klassik für mich gelohnt. Sollte ich vielleicht doch öfter machen.
9/11

Beste Songs: the Sun Roars Into View / And Still They Move / Never Were the Way She Was

Nicht mein Fall: -

Weiterlesen:
Review zu Revisionist (William Ryan Fritch):
zum Review

Review zu Policy (Will Butler):
zum Review

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