Freitag, 3. April 2015

Sind sie zu stark, bist du zu schwach

WAXAHATCHEE
Ivy Tripp
Wichita
2015















Katie Crutchfield hat es mit komischen Namen. Nicht nur hat sie sich selbst das äußerst krude Pseudonym Waxahatchee verpasst, auch die Titel ihrer Platten sind durchweg eigene Wortschöpfungen. Mit Ivy Tripp gibt es davon mittlerweile zwei, das 2013 erschienene Cerulean Salt ist jedoch nicht nur seines Titels wegen ein Blickfang. Die Art und Weise, wie die Songwriterin dort akustische Instrumentierung mit krachigem Garage-Rock kombiniert, mochten vor zwei Jahren eine ganze Menge Leute. Ich persönlich war damals noch nicht ganz überzeugt von ihr, doch war gespannt, ob ein weiteres Album das ändern könnte. Dieses ist gestern erschienen und ist auf den ersten Blick mit dem ziemlich gleichen Rezept versehen. Crutchfield spielt Folksongs auf elektrischer Gitarre und wirkt dabei maximal hemdsärmlig und Post-Riot-Grrrl- und Soft-Grunge-infiziert. Doch man merkt genau so schnell, dass auf Ivy Tripp große Teile der Niedlichkeit verschwunden sind, die auf dem Vorgänger immer noch gut die Hälfte der Songs ausmachten. Dass Waxahatchee sich für eine sehr rockige Ansatzweise entschieden hat, ist an sich ja nicht weiter schlimm. Anderseits fand ich noch nie, dass die Talente der Songwriterin im lärmigen Bereich liegen. Und das ist auch hier nicht der Fall. Tracks wie Under A Rock oder Poison sind bestenfalls mittelmäßig und bleiben weniger hängen als eher poppige Nummern wie La Loose. Und wenn man mal berücksichtigt, dass Crutchfield keineswegs die einzige ist, die quirligen Mädchen-Rock mit Tagebuch-Texten schreibt, gehört Ivy Tripp doch eher zur langweiligen Sorte von Album. Die Kontraste zwischen Akustik-Track und Punk-Attitüde, die Cerulean Salt so interessant machten, weichen hier zugunsten eines Stilmixes, der weder das eine noch das andere richtig durchzieht. Sicher, die Platte wird von Rocksongs bestimmt. Doch die köchelt Waxahatchee auf so niedriger Flamme, dass ihnen viel Energie fehlt. Auf der anderen Seite wäre so manche Ballade ohne komplette Rhythmusgruppe um einiges intensiver gewesen. Die Entwicklung, die ich mir von diesem Longplayer versprochen hatte, ist damit eher zum Rückschritt geworden. Ein Album wie dieses bekommt jede bessere Schulband hin. Und so etwas liegt eigentlich weit unter dem Niveau der Songwriterin. Ohne diesen Fauxpas hätte ich Katie Crutchfield bald bei Laura Marling oder Hop Along gesehen. Die empfehlen sich jetzt immerhin als besseres Beispiel für Leute die hören wollen, wie das richtig geht.
7/11

Beste Songs: La Loose / Summer of Love

Nicht mein Fall: Poison / the Dirt

Weiterleitung:
Review zu Short Movie (Laura Marling):
zum Review

Review zu Waitress (Hop Along):
zum Review

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