Donnerstag, 9. April 2015

Hart aber herzlich

NY IN 64
NY64
Magic Bullet
2015















Dass es manchmal echt arrogant und unfair von den New Yorkern ist, sich über die Nachbarn aus New Jersey lustig zu machen, merkt man immer wieder an der Konkurrenzfähigkeit der beiden regionalen Musikszenen. Nur ein Beispiel: Wo New York die Brooklyner Black Music-Szene hat, hat New Jersey mit Dälek, Funkadelic und den Fugees kreativ ebenfalls jede Menge aufzuweisen. Es gibt also keinen Grund, diese in der Tradition eines Frank Sinatra so zu verraten wie es NY IN 64 schon mit ihrem Bandnamen tun. Schließlich hat die dortige Fanbase erst zur Gründung dieser Formation beigetragen. Die vier Mitglieder der seit einigen Jahren existenten Gruppe sind ursprünglich in der Ostküsten-Emo- und Hardcore-Szene ansässig, in der sie seit 15 Jahren für haufenweise verschiedene Projekte spielen. Und auch wenn sie jetzt zusammen lieber Postrock machen: ganz ohne den Schatten der Vergangenheit kommen sie hier nicht aus. Die sieben Tracks des quasi selbstbetitelten ersten Albums sind zwar instrumental gehalten, beinhalten Einflüsse aus Shoegaze und Mathrock und man kann ihnen einen gewissen epischen Charakter nicht absprechen. Dennoch würden Genre-Hardliner (wenn es im Postrock so etwas gäbe) mit Schmackes auf die Kompositionen von NY IN 64 spucken, da sie eben doch nicht dem stilistischen Standard entsprechen. Und hier wird der Hintergrund der Musiker in dieser Band wichtig: So ziemlich alle Akteure in dieser Formation kommen vom Punk und bringen deshalb auch andere Voraussetzungen für das Songwriting mit. Für Fans der filigranen Klang-Salti von Godspeed You! Black Emperor oder Sigur Rós sind diese Tracks viel zu grobmotorisch, die instrumentalen Motive werden hier noch mit der Kettensäge geschnitzt. Da gibt es dann schon mal einen harten Break oder eine treibende Gitarre im Mittelteil. Ferner schleichen sich die relativ kurzen Songs hier nicht erst durch minutenlange Crescendi, sondern kommen gleich zur Sache. In durchschnittlich vier Minuten pro Track ist eben auch nicht viel mit ambitionierten Arrangements. Ausgeschmückt wird diese rabiate Art des Postrock hier durch jede Menge Feedback, Staccato-Riffing und sonstige Effekte, die Musik noch lauter und dreckiger klingen lassen. Dass NY IN 64 dabei nicht wie brunftige Höhlenmenschen klingen, dafür sorgt einerseits eine extrem tighte Produktion und zum anderen die nicht zu unterschätzenden Songwriting-Skills des Quartetts. Die vier hätten auch eine gute Mathcore-Band abgegeben, hätten sie das gewollt. Stattdessen sorgen sie hier dafür, dass sich Postrock auch mal von seiner rauhen und harten Seite zeigt. Und die ist bei genauerem Hinsehen gar nicht mal so unattraktiv. Gerade jetzt, wo dieses Genre dringend Veränderung braucht, kommen NI IN 64 damit wie gerufen. Und die Punk-Szene in New Jersey wird darüber auch nicht zu erbost sein. Wild tanzen kann man hierzu nämlich auch.
8/11

Bester Song: A Towering Relic

Nicht mein Fall: -

Weiterlesen:
Review zu Kirtland (Glacier):
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