Dienstag, 26. Mai 2015

Psychedelic-Rettungsschirm

UNKNOWN MORTAL ORCHESTRA
Multi-Love
Jagjaguwar
2015














Das Unknown Mortal Orchester und ich haben ein ziemlich gespaltenes Verhältnis. Auf der einen Seite habe ich von den Briten noch nie viel gehalten, ihr letztes Album II, welches hauptverantwortlich für die große Bekanntheit der Band ist, war für mich Ende 2012 nicht von Interesse, da Tame Impala dieses nur einen Monat vorher schon mal besser gemacht hatten. Außerdem bin ich der Meinung, dass nur deshalb so viele Leute ihre Musik hören, weil MGMT keinen Bock mehr haben, das selbst zu erledigen. Andererseits fand ich ihre Songs per se nie wirklich schlecht, nur irgendwie überflüssig. Sie müssten nur mal über ihren eigenen Schatten springen. Und als den Versuch, genau das zu tun, erkenne ich Multi-Love an. Unknown Mortal Orchestra möchten hier nicht mehr die Spacerock-Band sein, die nur so klingt wie, sie wollen endlich eine Identität entwickeln. Ordentlich verspulte Stücke schreiben sie dafür immer noch, doch die sind diesmal nicht zwangsläufig in die Psychedelic-Ecke einzuordnen, sondern kommen sogar als einigermaßen vernünftige Popsongs durch. Can't Keep Checking My Phone probiert es mit Disco-Einflüssen, Ur Life One Night geht in die Achtziger und der Closer Puzzles kann eine ambitionierte Länge von über sieben Minuten vorweisen. Das sind Maßnahmen, die eine deutliche Sprache sprechen. Doch über ihr Gelingen ist deshalb noch nichts gesagt. Zwar woolen Unknown Mortal Orchestra die ewigen Vergleiche hier abschütteln, doch wo die einen abfallen, kommen neue dazu. So ganz vom Kopismus trennen können sich die Briten nämlich nicht. Man denkt beim Hören der Songs eben nicht mehr an Tame Impala oder MGMT, sondern an Stevie Wonder, Beck oder Peter Gabriel, um nur einige zu nennen. Wenn man das ganze schön zusammenquirlt, entsteht auf den ersten Blick der Eindruck, man hätte hier etwas halbwegs originelles geschaffen, doch beim Analysieren der Elementarteilchen verliert sich das schnell. Dann sind Unknown Mortal Orchestra auch nicht besser als der böse Ariel Pink, nur eben weniger LoFi. Tatsächlich ist die Produktion eine der größeren Stärken dieser Platte. Und wenn man den Aspekt wegnimmt, dass dieses Album im Prinzip zusammengeklaut ist, kommen auch noch neun ziemlich gute Songs rum, die zumindest im Bandkontext auch eine Neuorientierung darstellen. Von den alten Verwandten haben sich die Briten also so oder so befreit. Nur den Vorwurf des Ideendiebstahls müssten sie noch irgendwann entkräften. Aber der erste Schritt ist gemacht. Überflüssig sind Unknown Mortal Orchestra damit schon mal nicht mehr.
8/11

Beste Songs: Can't Keep Checking My Phone / Nescessary Evil

Nicht mein Fall: Puzzles

Weiterlesen:
Review zu Pom Pom (Ariel Pink):
zum Review

Review zu ...And Star Power (Foxygen):
zum Review

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