Montag, 4. Mai 2015

Heul doch

MUMFORD & SONS
Wilder Mind
Island
2015















Einige finden, das beste am neuen Mumford & Sons-Album ist, dass die Briten selber gemerkt haben, dass sie nerven. Ich finde, das stimmt nur bedingt. Denn eigentlich fand ich bisher nicht unbedingt, dass man irgendwie an der Musik der vier hätte rumnörgeln müssen. Es gab absolut nichts, was an den beiden ersten Platten total doof war, höchstens, dass sie ziemlich omnipräsent waren und eine Lawine an schlechten Trittbrettfahrern verursachten. Die Songs an sich war aber immer okay. Sobald man sich damit abgefunden hatte, dass Mumford & Sons keine nuschelnden Banjo-Barden waren sondern eher die Partyband des Folkrock, war eigentlich alles klar. Und den Erfolg gönnte man ihnen ebenfalls, weil sie die Charts zumindest für kurze Zeit tatsächlich bereicherten. Sie waren der Kapitän der guten Laune und auf dem Traumschiff waren alle glücklich. Jetzt allerdings haben wir Wilder Mind. Das ist ein Problem, denn mit diesem dritten Album der Band ist die Harmonie vorbei. Mumford & Sons wollen progressiv sein, sich vom alten Songwriting-Schema lösen und trotzdem ihren Draht zum Pop nicht verlieren. Wenn man sich das Ergebnis anhört, muss man allerdings feststellen, dass so ziemlich alles davon schief geht. Schon bevor die Platte überhaupt draußen war, beklagten sich unzählige Blogger über die elektronischen Einflüsse, die hier erstmals eingearbeitet wurden. Es ist amüsant zu sehen, dass diese eines der kleinsten Probleme von Wilder Mind ist. Was einen viel eher beunruhigen sollte ist, dass Mumford & Sons komplett die Haltung verloren haben. Der Misserfolg dieses Albums ist eine Kettenreaktion, die eigentlich aus guten Absichten heraus entstand. Im Versuch, einen Kompromiss zwischen Entwicklung und Pop-Ambitionen zu finden, geht die Band hier den Weg zum Stadionrock: Elektrische Gitarren, Keyboards und ganz viel Pathos. Eigentlich kein so unlogischer Schritt, wenn man bedenkt, dass die vorher schon Hymnen geschrieben haben, die Arenen zum Mitsingen brachten. Allerdings sind für die neue stilistische Marschrichtung auch neue Songwriting-Parameter vonnöten und hier verzetteln sich Mumford & Sons diesmal total. Denn was auf diesem Album eindeutig fehlt, sind eben jene energiegeladenen Hits wie Little Lion Man oder I Will Wait, die einen beim Hören aufatmen lassen. Manchmal, wie bei the Wolf, kommt das zwar noch durch, aber über große Strecken klingen die Briten hier einfach nur langweilig. Mit Tracks wie Tompkins Square Park oder Just Smoke machen sie dort weiter, wo die Kings of Leon zuletzt aufgehört haben und befinden sich damit von vornherein irgendwie im Abseits. Noch dazu besteht diese Platte oberflächlich gesehen eigentlich nur aus Balladen, die noch nicht mal ansprechend sind. Es lohnt sich also nicht, dieser Band hier zuzuhören. Das Experiment Wilder Mind ist ganz offensichtlich schief gegangen. Ob es besser geworden wäre, wenn Mumford & Sons weiter fröhlichen Party-Folk gespielt hätten, ist aber auch eine berechtigte Frage. Der Zugzwang, in dem die vier Musiker hier stecken, ist ja auch nicht zu unterschätzen. Wilder Mind ist ganz klar kein gutes Album. Doch es war auch fast unmöglich, in dieser Situation ein gutes zu machen. Man kann diese Platte hassen, aber man sollte die Band deswegen nicht hassen. Vielleicht kommen die ja auch wieder auf den Damm.
5/11

Beste Songs: the Wolf / Broad-Shouldered Breasts

Nicht mein Fall: Believe

Weiterlesen:
Review zu Babel (Mumford & Sons):
zum Review

Review zu Mechanical Bull (Kings of Leon):
zum Review

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