Mittwoch, 25. März 2015

Single-Review: Kill the DJ

AMNESIA SCANNER
Angels Rig Hook
Gum Artefacts
2015















Ich bin mir in keinster Weise im klaren, mit was wir es hier genau zu tun haben. Das fängt schon beim Format an: An sich ist Angels Rig Hook ein einziger großer Track ohne erkennbare Unterbrechungen, mit einer Länge von etwas über 14 Minuten könnte man die Sache aber ebenso glaubwürdig als EP verkaufen. Noch schwieriger wird es allerdings, Amnesia Scanner stilistisch und künstlerisch zu verorten. Über den Produzenten oder die Produzentin findet man keinerlei nährere Information und trotz eines recht beachtlichen Backing-Katalogs ist dieser Mensch scheinbar ein Phantom. Das ist schade, denn seine Musik könnte das nächste große Ding im glitzernden Online-Universum der Sample-basierten elektronischen Musik werden. Die Einflüsse hier kommen sichtlich erkennbar aus EDM, House, Trap und HipHop, weisen aber auch das berühmt-berüchtigte Vaporwave-PC Musik-Virus auf, das klassische Clubmusik hier um jeden Preis in die experimentelle Ecke drängen will. Die Elastizität der Dance-Beats wird hier aufs derbste Strapaziert, was letztendlich zu einer totalen Abstraktion des ganzen führt. Vom Sound her sind die Samples auf Angels Rig Hook die Art von Pop-Klängen, die auf jeder Abiparty laufen. Allerdings werden diese von Amnesia Scanner so sytematisch verhackstückt, dass sie am anderen Ende des Systems als verspulte Collagen wieder ausgespuckt werden. Da wird das Crescendo, das in jedem Club-Song immer dann kommt, bevor der DJ den Bass dropt, tolldreist auf Minimaltempo gepitcht, da werden Trap-Rhythmen mit Vollgas durch den Phaser gejagt und an jeder Ecke irgendein abgefahrenes Spoken-Word-Sample eingespielt. Zu einem richtigen Song wird Angels Rig Hook dadurch nie, dafür aber zu einem psychedelischen Erlebnis der ganz besonderen Art. Es ist schön zu sehen, wie hier die typischsten Elemente der modernen Popmusik zu etwas gemacht werden, dass vom Ausgangsprodukt weiter nicht entfernt sein könnte. Allerdings gilt: Sobald man zu diesen Klängen ernsthaft tanzen kann, sollte man sich über seinen Ketamin-Konsum Gedanken machen. Dieser Track ist weniger für den Club gemacht als für kauzige Avantgardisten, die EDM gerne mal mit ihren entrückten Fühlern betasten wollen. Zu denen gehöre dann wohl auch ich. Denn obwohl Angels Rig Hook in seiner Gesamtheit äußerst gewöhnungsbedürftig ausfällt, finde ich den Song absolut fantastisch. Auf größere Projekte von Amnesia Scanner besteht allerdings wenig Hoffnung, da der Künstler oder die Künstlerin sich momentan noch auf das Fachgebiet sehr langwieriger Singles konzentriert. Allerdings werde ich mich so gut es geht darüber auf dem laufenden halten. Denn Potenzial hat dieser Sound durchaus. Man muss nur kaputt genug sein.

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