Samstag, 7. März 2015

Nerdcore

RAKETKANON
RKTKN#2
KKK Records
2015















Was dem Amerikaner Washington D.C. und die Bay Area, ist dem Europäer die Benelux. Denn was aus den Niederlanden und Belgien seit jeher an Hardcore kommt, kann sich im internationalen Vergleich echt sehen lassen. Gerade in den letzten Jahren haben mit This Routine is Hell (mittlerweile Swain), John Coffey, Oathbreaker und Amen Ra einige Bands auch auf diesem Blog für ordentlich Aufsehen gesorgt und mein Herz gewonnen. Dies könnte in der nächsten Zeit auch mit Raketkanon aus Ghent in Belgien passieren, die sich gerade Super-Produzent Kurt Ballou geschnappt hat, um ihr zweites Album aufzunehmen. Das ist auf den ersten Blick schon so durchsetzt von Fremdkörpern, dass man die Punk-Wurzeln kaum noch ausmachen kann. RKTKN#2 ist bis zum Rand voll mit Einflüssen aus Mathrock, Electronica und Indierock, die die pure Energie, die die meisten am Hardcore so mögen, vom ersten Moment an zum größten Teil aufstauen. Allerdings wird dadurch eine viel klarere Struktur geboten, die die Cleverness des Songwritings und des Spiels der Instrumente großartig hervorhebt. Kurzum: Nerd Alert! Raketkanon spielen in den 38 Minuten der Platte teilweise polyrhythmische, elektronisch verzerrte und psychedelische Tracks, die nur noch das Gerüst vom Punkrock geliehen haben. Wenn man mal vom extrovertierten Gesang eines Jeff Verbeeck absieht, der hier den Hauppteil der Energie stemmt. Die Band spielt hier so verdammt rhythmisch akzentuierte Stücke mit soviel Dynamik zwischen laut und leise, dass es mit dem moshen recht schwer werden sollte. Das macht mir RKTKN#2 jedoch nicht madig. Raketkanon sind eine dieser Gruppen, die eigentlich zu schlau für ihre eigene Musik sind. Sie könnten stattdessen auch Math-Metal oder Post-Radiohead-Elektro machen, die Kombination mit Punk-Spirit und grantigem Lärm ist jedoch viel erfrischender. Andernfalls hätte sich wohl auch kaum Kurt Ballou den Belgiern angenommen. Dessen Produktion hält sich übrigens wie gewohnt im Hintergrund und lässt die Band ihren eigenen Stiefel spielen, in den nach normalen Genre-Maßstäben eh kein Fuß passen würde. Die Folge sind einige wahre Highlights wie der Fast-Popsong Florent oder das sage und schreibe sieben Minuten lange Mathilde. Dass auch unter den anderen sechs Songs kein einziger schwacher dabei ist, spricht eindeutig für die Reife von Raketkanon. Zur absoluten Perfektion fehlt den Belgiern jetzt nur noch etwas mehr Druck von unten, dann könnten sie sich ganz schnell mitten in mein Herz schreien und fauchen. Der gute Anfang ist hier aber definitiv getan.
9/11

Beste Songs: Florent / Mathilde

Nicht mein Fall: -

Weiterlesen:
Review zu Howl (This Routine is Hell):
zum Review

Review zu Eros/Anteros (Oathbreaker):
zum Review

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