Samstag, 7. März 2015

Ninja-Latein

CANNIBAL OX
Blade of the Ronin
IGC Records
2015















2015 ist bisher das Jahr, in dem alte HipHop-Größen zurückkommen. Das begann schon im Dezember des vorigen mit dem Comeback des Wu-Tang Clan, setzte sich im Januar mit dem großzügigen Golden-Era-Raubzug des Joey Bada$$ fort, überraschte erst letztens mit einem tollen neuen Fashawn-Longplayer und präsentiert jetzt das nächste große Highlight: Die Wiedergeburt der Conscious-Rap-Legenden Cannibal OX. Deren letztes Album the Cold Vein erschien 2001 und gilt zu Recht als eine der wichtigsten Genre-Platten der Noughties. Das aus den MCs Vordul Mega und Vast Aire bestehende Duo setzte zum Anfang des neuen Jahrtausends mit dieser Scheibe einen Maßstab für intelligente Rapmusik im neuen Jahrtausend, die sie durch ihre finsteren Texte vermittelten. Das wirklich entscheidende und besondere an the Cold Vein war allerdings die Produktion von El-P, der mittlerweile als eine Hälfte von Run the Jewels wieder sehr große Pläne hat. Einen Großteil seines Ansehens verdankt er jedoch noch immer seiner Mitarbeit an diesem Album, das jetzt, nach über zehn Jahren, einen Nachfolger erhält. Und eigentlich haben Cannibal OX im Jahr 2015 viel zu kleine Füße, um in die riesigen Stapfen dieser Platte zu treten. Zum einen hat sich die Welt ihres Genres seitdem schon mehrmals signifikant verändert und so richtig hat auch niemand in der letzten Zeit nach den beiden gefragt. Ferner wurde Blade of the Ronin ohne die Beihilfe von El-P aufgenommen. Ein Risiko, das sich hier nicht wirklich auszahlt. Natürlich ist es die Sache der zwei MCs, sich für einen Produzenten zu entscheiden und ich bin niemand, der konservative Entscheidungen gutheißt. Doch der New Yorker gehörte zwischenzeitlich quasi zu Cannibal OX wie ein drittes Mitglied und sein Stil beeinflusste ihren Sound wesentlich. Die Konsequenz für Blade of the Ronin ist dementsprechend vernichtend: Alles hier klingt ganz schön öde und altbacken, zudem hat man das Gefühl, dass Ghostface Killah diese Platte irgendwann schon mal gemacht hat. Auch die Texte der beiden Rapper sind nicht mehr wirklich das, was sie mal waren. Da helfen auch hochkarätige Gäste wie U-God oder MF Doom nicht viel. Fast 15 Jahre nach dem großen Ding sind Cannibal OX damit ziemlich chancenlos einem viel moderneren, wandelbaren Genre ausgeliefert, das für Soul-Samples und Ninja-Latein nicht mehr viel übrig hat. Ob sie es besser verdient hätten? Ich bin mir nicht sicher. Einerseits hätte ich gerne ein weiteres revolutionäres Album von ihnen gehört, andererseits wäre das irgendwie einem Wunder gleich gekommen. The Cold Vein ist für mich ein unanfechtbarer Klassiker, der von Blade of the Ronin ungefähr so beeindruckt ist die die Diskografie von Pink Floyd von the Endless River. Es ist also nichts verwerfliches dabei, dieser Platte nicht allzu viel Bedeutung beizumessen. Das würde einem nur den ganzen Rest madig machen.
6/11

Bester Song: Psalm 82

Nicht mein Fall: Blade: the Art of OX

Weiterlesen:
Review zu A Better Tomorrow (Wu-Tang Clan):
zum Review

Review zu RTJ2 (Run the Jewels):
zum Review

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