Dienstag, 24. März 2015

Kurz und schmerzlos

GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR
Asunder, Sweet and Other Distress
Constellation
2015













Es braucht beim neuen Godspeed-Album erstmal zwei Blicke, um sich sicher zu sein. Vierzig Minuten? Nochmal geschaut: Vierzig Minuten. Das ist alles? Keine Überlänge diesmal? Das bedeutet im Klartext ja, nur eine Schallplatte zu hören und den kürzesten Longplayer (was für eine spöttische Bezeichnung) der Kanadier seit Slow Riot for New Zerø Kanada von 1999. Und der wurde damals als EP verkauft. Aber was solls: Size does matter after all und ich will ja nicht so tun, als würde ich mich nicht über jeden Furz freuen, den die Postrock-Riesen in den letzten Jahren absondern. Rar haben sie sich ja schon immer gemacht, aber nach dem Comeback 2010 erstmal eine LP mit (natürlich trotzdem großartigem) Recycling-Material zu kriegen, war nicht unbedingt das, was ich mir erhofft hatte. Fünf Jahre später das erste Mal neue Songs zu hören (die vier hier vorhandenen wurden explizit als solche bezeichnet) ist dann schon eine andere Hausnummer. Auch wenn sich die Band hier sehr manierlich im Rahmen hält, was sie sonst eher selten tut. Sieben der zehn Minuten vom Opener Peasantry gab es ja schon als Vorab-Häppchen, die Album-Version hängt jetzt noch einen eigenen kleinen Song hinten dran, der überraschend poppig ausfällt. Für ein apokalyptisches Rock-Orchester haben Godspeed bis hierhin ziemlich gute Laune. Mit Lambs Breath folgt dann jedoch das obligatorisch brummende Ambient-Drone-Stück, dass wieder nach rumpelnden Maschinen und Helikopter-Schrauben klingt. Auf diesen Teil haben die Kanadier diesmal wesentlich mehr Sorgfalt verwendet. Wo die Drones auf Allelujah! Don't Bend, Ascend! noch eher schmückendes Beiwerk waren, sind sie hier für die besten Momente verantwortlich. Um ehrlich zu sein, finde ich es sogar ein Stückchen besser als das klassische Peasantry. Der Opener ist prima, wird aber hier ziemlich schnell abgefrühstückt, obwohl die Idee auch über die doppelte Länge getragen hätte. Danach das majestätisch kriechende Lambs Breath zu hören, das nach zehn Minuten in den etwas sakraleren Titeltrack übergeht, macht da schon mehr her. Zum Schluss folgt mit dem gut eine Viertelstunde ausfüllenden Piss Crowns Are Trembled das wie gewohnt epische Schlussstück, das etwas geduldiger vorgeht als der Opener. Dieses baut zum Ende wieder den Druck auf, den der Anfang der Platte schon hatte und mach Asunder, Sweet and Other Distress somit zum Spiegel seiner selbst. Eine schöner Kniff, der die Sache rund macht und ein wenig über die Tatsache hinweg tröstet, dass die Band hier so kurz angebunden ist. Dass das neue Godspeed-Album diesmal kürzer tritt, klingt im Gesamtkontext wie eine bewusste stilistische Entscheidung, die man mögen oder doof finden kann. Die großen Sinfoniker der Rockmusik sind bescheidener geworden und versuchen nicht mehr, die Welt mit Songs aus den Angeln zu heben. Das haben sie ja eh schon mal hinbekommen. Ein bisschen schade ist es dabei um die schönen großen Songs, aber auch das weniger ambitionierte steht ihnen gut. Wobei man doch noch das Gefühl hat, dass Godspeed es dabei nicht belassen werden und irgendwann doch wieder bei zweieinhalb Stunden herauskommen. Bis dahin macht diese LP aber alles richtig. Und ist in diesem sensationellen Monat ein weiteres Highlight.
9/11

Beste Songs: Lambs Breath / Asunder, Sweet

Nicht mein Fall: -

Weiterleitung:
Review zu Fuck Off Get Free We Pour Light On Everything (Thee Silver Mt. Zion):
zum Review

Review zu Leave Me Like You Found Me (William Ryan Fritch):
zum Review

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