Mittwoch, 11. März 2015

Den Umständen entsprechend

STEVEN WILSON
Hand. Cannot. Erase.
KScope
2015















Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, über Steven Wilson dieses Mal kein Wort zu verlieren. So sehr, wie ich den Briten in den letzten zwei Jahren gedisst habe und mir dadurch den Unmut vieler Leser zugezogen habe, wollte ich diesmal lieber ruhig bleiben. Und ich kann auch hier nochmal wiederholen, wie furchtbar überproduziert seine letzten beiden Soloplatten waren und wie sehr seine Arbeit als Soundingeneur das letzte Opeth-Album verhunzt hat. Von einem Epigonen des modernen Progrock ist Wilson meiner Meinung nach so weit entfernt wie Snoop Lion von den Wailers. Allerdings muss ich auch eingestehen, dass er schon einige gute Songs geschrieben hat und seine Arbeit bei Porcupine Tree ebenfalls gewürdigt gehört. Der Anlass dafür, seinen dritten Longplayer als Einzelgänger zu besprechen waren einige gute Kritiken von Blogs, die den Künstler normalerweise nicht als unantastbares Genie handeln, sondern ihm vorher wie ich eher skeptisch gegenüber standen. Es musste also doch was dran sein an Hand. Cannot. Erase. Trotzdem erstmal ein bisschen Hintergrundinformation. Die elf Songs auf dem Album erzählen die Geschichte eines real existierenden Kriminalfalls aus London, bei dem eine Frau drei Jahre nach ihrem Ableben von ihren Angehörigen gefunden wurde. Wilson nutzt diese Tatsachen, um darum ein sozialkritisches Konzept um Kommunikation, Gesellschaft und Anonymität zu spinnen. Von der Machart her eigentlich ganz cool. Auch wenn sich das ganze textlich nie aus dem Rahmen von perfekt strukturierten Popsongs bewegt, die nun mal die Handschrift des Künstlers sind. Doch der macht auf Hand. Cannot. Erase zum ersten Mal nicht den Fehler, den die Vorgänger machten. Denn während die versuchten, sich mit ihren doch eher schwachen Kompositionen und der Feinschliff-Produktion den Klassikern des Prog anzunähern, ist die neue Platte mit ihren Pop-Ambitionen sehr souverän. Dafür, dass Steven Wilson scheinbar immer noch im Jahr 2002 lebt, sind die Tracks hier sogar relativ modern. Und auch vom Songwriting her kann der Künstler hier viel mehr vorweisen. Ich würde so weit gehen, zu sagen, dass dies hier seine beste Solo-Arbeit bisher ist und dass ich viele Aspekte daran sehr mag. Natürlich kratzt mich noch immer die durchgestylte Produktion und der gespielte Pathos vieler Songs. Aber davon werden wir Steven Wilson wahrscheinlich nie entwöhnen. Für die Verhältnisse ist Hand. Cannot. Erase also vielleicht das bestmögliche Ergebnis. Und mal ein Grund, den Typen nicht in Grund und Boden zu haten.
7/11

Bester Song: 3 Years Older

Nicht mein Fall: -

Weiterlesen:
Review zu Pale Communion (Opeth):
zum Review

Review zu In Absentia (Porcupine Tree):
zum Review

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