Donnerstag, 12. März 2015

Full House

PROJECT PABLO
I Want to Believe
1080p
2015















2015 hat Grimes getötet. Zumindest für mich ein bisschen. Der Deal mit Def Jam Records und das immer größer werdende Fandom tun der Kanadierin meiner Meinung nach nicht wirklich gut und ihre letzten Singles waren nicht das, was ich an ihr immer so mochte. Gleichzeitig befindet sich die Homezone in Vancouver, in der die Produzentin vor einigen Jahren zum Star wurde, momentan in voller Blüte und entwickelt sich kontinuierlich im Untergrund weiter. Das Indielabel 1080p, das die Lauscher tief in dieser Szene verwurzelt hat, ist deren Verbindung zur Außenwelt und nunmehr auch meine Antenne in die Welt der entrückten Badezimmer-Raves. Beinahe wöchentlich erscheinen hier neue Alben junger Künstler, die Witch House und Vaporwave noch immer nicht für tot erklärt haben und heimlich weiter an großartigen Windows 95-Beats und Saxofon-Samples basteln. Bereits im Januar hatte ich von dem Duo Neu! Balance berichtet, die dann auch gleich zu einer Herzensangelegenheit wurden. Mit Patrick Holland aka Project Pablo kommt nun die zweite große Nummer aus der kanadischen Elektro-Schmiede, die einiges verspricht. Der ebenfalls aus Vancouver stammende Produzent hat sich zwar eigentlich der House-Musik verschrieben, doch er selbst stellt diesem ausgelutschten Begriff gerne ein elegantes "hybrid" voran. Was heißt, dass die ganzen Einflüsse aus Ambient, Vaporwave, Techno und sogar Disco und Minimal Electro hier ein einen angenehm einlullenden Mix verknetet werden, der genau dem Ideal dieses Szene-Sounds entspricht. An der ganzen Sache ist zwar nichts wirklich originelles, aber eine Art retrofuturistisches Flair stellt sich beim Hören schon ein. Passend dazu ist die physische Veröffentlichung dieser Songs nur auf MC beschränkt. Die Drumsounds auf I Want to Believe klingen durchgängig nach den ganz alten Chicago-House-Singles, in denen das Genre erstmal erfunden werden musste. Entsprechend unbeschwert klingt hier das Gesamtergebnis und entsprechend viel Platz hat Holland, die Zeit zwischen den Beats mit reichlich vaporisiertem Synth-Käse auszukleiden. Das klingt alles nach ziemlichem Poser-Kram, doch irgendwie kann man Project Pablo diesen Vorwurf nicht machen. Die Verwendung komischer Samples auf diesem Album ist äußerst überschaubar und zu dancy oder kitschig wird es eigentlich nie. Viel mehr besitzt diese Platte die Tugend, die viele 1080p-Releases dieser Tage in sich tragen: Weniger ist mehr. Denn wenn hier mal ein akzentuierter Beat oder ein Gesangspart kommt, versagt dieser nie seine Wirkung, sondern darf voll ausgekostet werden. Und die Baseballkappen tragenden kanadischen Scenester wackeln noch ein bisschen entrückter mit ihren Armen und Beinen. Wie auch Neu! Balance macht Project Pablo Musik, die am besten direkt im Club serviert wird. Dass sie auch im Albumkontext funktioniert, ist da nur umso besser. I Want to Believe ist das versprochene neue Highlight auf 1080p, das mir das Label ein weiteres Mal sympathischer macht. Über ein mieses Grimes-Album könnte es mich dennoch nicht vertrösten. Da muss schon noch mehr her.
9/11

Beste Songs: Why, Though? / the Fuss / Always

Nicht mein Fall: Movin' Out

Weiterlesen:
Review zu Rubber Sole (Neu! Balance):
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Review zu Ghost Culture (Ghost Culture):
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