Montag, 29. Juni 2015

Retro-Review: Lass uns Rockmusik erfinden!

BOB DYLAN
Bringing It All Back Home
Columbia
1965















Das schöne an der Frühphase von Bob Dylan ist, dass man damals immer zwei Alben pro Jahr von ihm bekam. Das war in den Sechzigern so Gang und Gebe und in diesem besonderen Fall sind das meistens auch noch zwei Platten, die heute gemeinhin als Klassiker gelten. Ich als Reviewer habe dann jedoch immer die Qual der Wahl, wenn ich im Rahmen des Retro-Posts auf jeden Fall nur eines von denen besprechen will. Und in diesem Zusammenhang finden es einige vielleicht verwunderlich, dass die Entscheidung letztendlich nicht für das ebenfalls 1965 erschienene Highway 61 Revisited ausfiel, das vielleicht als eines der "klassischsten" Dylan-Alben gilt, stellt es doch seinen Umschwung vom rein akustischen Folk zum elektrisch verstärkten Classic-Rock-Prototypen dar. Und natürlich erkenne auch ich die musikhistorische Bedeutung dieses Longplayers, ganz zu schweigen von seiner eigentlichen Qualität. Doch wenn ich ganz ehrlich bin, ist mir das ein paar Monate vorher veröffentlichte, noch größtenteils Songwriter-zentrierte Bringing It All Back Home dann doch das liebere. Zum ersten, weil ich den Akustik-Dylan sowieso lieber mag, andererseits, weil hier haufenweise Lieblingslieder von mir drauf sind. Der politisch motivierte Opener Subterrean Homesick Blues, das introvertierte Liebeslied Love Minus Zero und die beste Version, die je von Mr. Tambourine Man eingespielt wurde. Was außerdem besonders an Bringing It All Back Home ist, ist dass man hier sehr schön den Übergang zwischen seinen Folk- und Blues-Wurzeln und der neuen, rockigeren Richtung hören kann. Tracks wie Outlaw Blues oder On the Road Again sind dabei schon sehr weit gedacht, auf dem Nachfolger hört man dann die Vollendung des ganzen. Was man heute gemeinhin als "Classic Rock" bezeichnet, war hier noch weit entfernt davon, in jedweder Form klassisch zu sein. Bringing It All Back Home ist eine der Platten, auf denen man zusehen kann, wie als Blues, Folk und Rock'n'Roll die rohe Form dafür gegossen wird. Was bei einem Genie wie Dylan natürlich kein bisschen nach Prototyp klingt, sondern so, als hätte das niemals irgendjemand anders gespielt. Was letztendlich auch der Grund ist, warum ich dieses Album so klasse finde: Nicht, weil es es die Popmusik des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat, sondern weil es das so verdammt endchillig tut. Am Ende ist es ja auch nur ein Typ, der ein bisschen Gitarre spielt und albern singt. Und gleichzeitig das Elexier des Rockmusikers. Eine Rolle, die vielleicht keiner so verkörpert hat wie Bob Dylan. Auf dieser Platte und vielen anderen.

Beste Songs: Subterrean Homesick Blues / Mr. Tambourine Man / Gates of Eden

Nicht mein Fall: Outlaw Blues

Weiterlesen:
Review zu Who Me? (Juan Wauters):
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