Montag, 8. Juni 2015

Chance the Teppich

DONNIE TRUMPET & THE SOCIAL EXPERIMENT
Surf
-
2015













Eigentlich müsste man sich wundern, warum Donnie Trumpet & the Social Experiment gerade das HipHop-Projekt der Stunde sind. Die Formation um den relativ unbekannten Frontmann hat nicht nur einen total bescheuerten Namen, sondern darüber hinaus weder ein Label, auf dem sie veröffentlicht noch irgendeine signifikante Vorgeschichte. Die große Stärke hier ist ein Detail, das auf den ersten Blick überhaupt nicht auffällt: Teil des ominösen Social Experiment ist der aus Chicago stammende MC Chance the Rapper, der seit einigen Jahren die Projektionsfläche eines großen Hypes ist, welcher von seinem 2013 veröffentlichten Mixtape Acid Rap herrührt. Das hat mit Surf an sich reichlich wenig zu tun, aber diesem Umstand ist es geschuldet, dass die meisten Leute im Zusammenhang damit von Chance reden. Und als tragende Säule dieses seltsamen Jazz-Rap-Kollektivs ist er hier auch unentbehrlich. Schon allein seine eröffnende Strophe im Opener Miracle zeigt das sehr eindrucksvoll. Und zunächst denkt man auch, dass er hier einen Großteil der Inhalte liefert. Aber eigentlich reicht auch schon ein Blick auf die Liste der vielen anderen beteiligten Künstler, um festzustellen, dass dem nicht wirklich so ist. Auf der Gästeliste stehen unter anderem Schwergewichte wie Busta Rhymes, Erykah Badu, J. Cole oder Janelle Monàe, ganz zu schweigen von haufenweise Indie-Talenten wie Raury, BJ the Chicago Kid oder Jamilia Woods. Wenn dieses Album also eines nicht ist, dann die Solo-Show irgendeines Künstlers hier, auch nicht von Chance the Rapper. Wenn jemand sich solch eine Alleinstellung anmaßen könnte, dann sicherlich am ehesten der Namensgeber Donnie Trumpet. Seine Auftritte funktionieren als roter Faden der Platte und sind vielleicht der einzige wirklich kontinuierliche Bestandteil hier. Leider, muss man sagen. Denn obwohl sich auch musikalisch eine durchgängig jazzige Note durch dieses Album zieht, ist diese doch etwas zu lose und zu allgemein, um übergreifend zu wirken. Ist ja auch logisch, wenn ein ganzes Heer von Produzenten hier mitgearbeitet hat. Ferner sind einige der genutzten Samples und Live-Instrumente auch ziemlich albern, wie in Just Wait. Vom furchtbaren Autotune in Familiar will ich gar nicht erst anfangen. Das klingt jetzt ein bisschen so, als gäbe es auf Surf keine Highlights, was totaler Quatsch ist. Tracks wie Slip Side oder Windows sind absolut fantastisch, doch eben auch nur als Tracks. Um wirklich als kontinuierlich tolles Album zu wirken, webt das Social Experiment hier einen zu großen Flickenteppich, auf dem kein richtiger Gesamteindruck herrscht. Und da sowas für mich ein wichtiges Kriterium ist, kann ich Surf keine Bestnoten für fünfzig Prozent Hits geben. Alles in Allem ist das hier gebotene nicht schlecht, aber in einem Zeitalter, in dem man sich die Perlen beim downloaden herauspicken kann, wäre es Blödsinn, das ganze Album als Kaufempfehlung auszusprechen. Verstanden? Hier unten stehen die Wahlmöglichkeiten:
7/11

Beste Songs: Slip Side / Windows / Go

Nicht mein Fall: Just Wait / Familiar

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