Dienstag, 23. Juni 2015

Eitel Sonnenschein

GOD IS AN ASTRONAUT
Helios / Erebus
Revive
2015















Als bekennender Postrock-Superfan und selbsternannter Szene-Kenner kann man nicht über heiße Newcomer schreiben, wenn man nicht auch über God is An Astronaut schreibt. Die Iren spielen schon seit über zehn Jahren in der ersten Liga der internationalen Crescendo-Gemeinde und haben Platten wie All is Violent, All is Bright oder Age of the Fifth Sun gemacht, die mittlerweile zu kleinen Einmaleins des Genres zählen. Bei all dem Einfluss ist es der Band jedoch bisher nicht gelungen, meine Wenigkeit von sich zu überzeugen. Die viel zu cleanen Sounds und ziemlich vorhersehbaren Kompositionen lockten mich in all den Jahren noch nie hinter dem Ofen hervor. Eine Ansicht, die viele Fans nicht mit mir teilen. Als ich 2013 ihr letztes Album Origins nur im Schnelldurchlauf kurz besprach, hatte ich sogleich ein paar unwirsche Anhänger im Nacken, die meine Ignoranz gegenüber ihren Helden so gar nicht verstehen wollten. Um das ein weiteres Mal zu vermeiden und vielleicht, da muss ich ehrlich sein, auch aus einem gewissen Eigeninteresse heraus habe ich beschlossen, mir den neuen Longplayer doch mal genauer anzusehen. Denn God is An Astronaut sind hier vom sehr klassischen und sehr langweiligen Standard-Postrock tatsächlich ein Stück abgewichen und haben sich um eine möglichst umfassende Neuorientierung bemüht. Auf Helios / Erebus tun sie das mit einer wesentlich klareren Sound-Ästhetik und vorsichtigen elektronischen Andeutungen. Und tatsächlich: Auch ich kann dieser Platte wesentlich mehr abgewinnen als ihren Vorgängern. Der Opener Agneya ist dabei noch sehr stoisch, doch fast alles danach kann sich als solches eigentlich sehen lassen. Pig Powder überrascht mit einigen sehr cleveren Synth-Schnipseln und Vetus Memoria holt wenig später auch ein paar sonnige Gitarrenriffs hervor. Besonders cool finde ich diese Songs, weil hier endlich mal die Produktion zum Klang der Instrumente passt und die typische Postrock-Dramaturgie mal wirklich wieder interessant umgesetzt wird. Aber damit erstmal genug der Lobeshymnen. Denn Helios / Erebus mag zwar gewisse Fehler der Band nicht wiederholen, trotzdem ist es noch weit davon entfernt, irgendwie aufregend oder revolutionär zu sein. Für God is An Astronaut mag diese Platte endlich Veränderung bringen, im Genre-Gesamtkontext gehören die Iren aber noch immer nicht zu den wahren Visionären. An ihrem Lehrbuch-Crescendo-Rock bleiben sie größtenteils haften und die meisten ihrer kompositorischen Kniffe erkennt man schon aus kilometerweiter Distanz. Dass diese Band überschätzt wird bleibt meine Meinung, wenngleich dieses Album vielleicht das erste ist, welches wenigstens versucht, die Dinge anders anzupacken. Helios / Erebus ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Tut mit Leid liebe Fanbase.
7/11

Beste Songs: Pig Powder / Vetus Memoria

Nicht mein Fall: Obscura Somnia / Centralia

Weiterlesen:
Review zu Another Language (This Will Destroy You):
zum Review

Review zu Eternal Movement (Tides From Nebula):
zum Review

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen