Dienstag, 16. Juni 2015

Alles im grünen Bereich

MARSIMOTO
Ring der Nebelungen
Green Berlin
2015















Marsimoto ist schon lange eine viel größere Sache als die zweite, verkrachte Stimme von Marten Lanciny aka Marteria, die ab und zu mal ein paar wirre, bekiffte Tracks abwirft und die wichtige Arbeit den großen Bruder machen lässt. Seine Konzerte besuchen mittlerweile genau so viele Leute, um ihn hat sich eine beachtliche, unabhängige Szene gebildet und Ring der Nebelungen ist sein erstes Album, welches auch als solches systematisch vorgeht. Ich persönlich mochte den Ansatz von Marsimoto in den letzten Jahren bereits sehr. Hier wurden Tracks über Dinge geschrieben, über die kein Künstler und erst recht kein Rapper sonst schreiben würde und das große Game auch mal außen vor gelassen. Songs über eine Freundschaft mit einem Basketball oder die unspektakuläre, kleine Festivalbühne standen im krassen Kontrast zu den konzeptuellen Radschlägen von Marteria und zeigten einmal mehr, wie cool dieser Typ einfach mal ist. Allerdings fühlte sich das ganze bei genauerem Hinsehen schon ein bisschen an wie das Abfallprodukt von Lancinys Hauptprojekt, das für das alter Ego mit Maske und Helium-Stimme noch gut genug war. Das Publikum besteht eh nur aus lethargischen Kiffern und einen Flop kann man riskieren, wenn Zum Glück in die Zukunft trotzdem gut wird. Mit diesem Prozedere soll jetzt aber Schluss sein "Wenn du dich fragst, warum geht es in diesem Song, dann hast du HipHop nicht verstanden" singt Marsi hier in An der Tischtennisplatte und macht damit gleich klar, dass auf der neuen Platte ein anderer Wind weht. Ring der Nebelungen ist Marsimoto, der sich den Verhältnissen anpasst. Und die sehen nun mal so aus, dass er selbst mittlerweile zur Marke geworden ist. Sein Label Green Berlin ist zum Slogan geworden, das Cover der neuen Scheibe ziert das offizielle Logo des Marsianers und eine konsequent gepitchte Stimme sowie das Standard-Outfit des Rappers haben nun auch mal einen Wiedererkennungswert, der ihn von vielen Kollegen abhebt. Nach dieser Marke muss jetzt gefälligst auch seine Musik klingen. Auf der neuen Platte wird zumindest versucht, genau das zu etablieren. Marsis Texte sind nicht im entferntesten so abstrakt wie auf den Vorgängern, selbst auf den ersten Blick ziemlich zerstreute Songs wie Tijuana Flow oder 7 Leben kann man auf ein grobes Konzept festnageln, mit dem Otto Normalverbraucher auch etwas anfangen kann. Ganz zu schweigen von einem Illegalize It, das sogar eine richtige Message beinhaltet. An sich ist das total professionell und überhaupt nicht problematisch. Lanciny ist erfahrungsgemäß ein guter Songwriter und was die Auswahl von Produzenten angeht so was wie der Marktführer in Deutschland (Ist das ein Radiohead-Sample im Titelsong?). Allerdings machte die offensichtliche Sinnlosigkeit der Marsi-Platten bisher auch auf gewisse Weise deren Charme aus, der jetzt natürlich Hops gegangen ist. Ich frage mich, was außer der nervigen Cartoon-Stimme Ring der Nebelungen noch von einem Marteria-Album unterscheidet. Mehr als Details sind es eigentlich nicht. Mit der Etablierung der Marke Marsimoto ist ein beträchtliches Stück ihrer eigentlichen Identität futsch und das ist schon ein kleiner Wermutstropfen in diesem sonst wie üblich total grundsoliden Gesamtwerk. Es gibt keine wirklich ernsten Probleme in der Welt von Marten Lanciny und das wissen wir schon seit vielen Jahren. Aber wenn man die Fliege sucht, kann man sich die Suppe auch irgendwie verderben. Alle anderen sehen sich dann bestimmt vor einer mit grünem Nebel umwehten Bühne, von der ein Typ mit Doom-Maske Geschichten vom Kiffen erzählt. Und da klingen die neuen genau so gut wie die alten.
9/11

Beste Songs: La Saga / Illegalize It / Flywithme / Zecken Raus

Nicht mein Fall: Ring der Nebelungen

Weiterlesen:
Review zu Zum Glück in die Zukunft II (Marteria):
zum Review

Review zu Donker Mag (Die Antwoord):
zum Review

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