Sonntag, 16. August 2020

Songs für Ian

  Fontaines D.C. - A Hero's Death


[ düster | melancholisch | nostalgisch ]

Ich werde an dieser Stelle mal kurz der Anwalt des Teufels sein und das offensichtliche sagen: Fontaines D.C. sind zwar gerade eine sehr beliebte Band, aber eine doch keineswegs besondere. Ihre stilistische Marke von sehr nostalgischem Spätsiebziger-Postpunk mit viel britischer Attitüde in der Hinterhand ist, obwohl sie selbst eigentlich Iren sind, eine sehr bewährte Formel und Gruppen, an die ihre Songs erinnern, gibt es viele. Wobei die erste und wichtigste natürlich wie so oft Joy Division heißt. Aber wie so viele andere Acts in den letzten Jahren und Dekaden ist der offensichtliche Kopismus dieser Formation keine Sache, die ihrer Qualität im Weg steht. Und obwohl die Fontaines D.C. von allen diesen Bands nicht unbedingt eine ist, die ich besonders glühender Leidenschaft höre, bin ich ihnen doch grundsätzlich positiv gesonnen. Ihr Debüt Dogrel vom letzten Frühjahr fand ich akzeptabel bis gut und auch einige ihrer früheren Tracks mag ich eigentlich ganz gerne. Was ja die Option, dass sie irgendwann auch mal so gute Platten machen wie Idles oder Protomartyr einigermaßen wahrscheinlich macht. Und obwohl A Hero's Death dort noch lange nicht angekommen ist, geht es auf jeden Fall in die richtige Richtung. Wobei sich in den besten Momenten sogar ein paar echte Alleinstellungsmerkmale und Hits herauskristallisieren. Auf ihrem zweiten Album paaren die Iren im Wesentlichen die schummrige Melancholie von King Krule mit der postmodernen Tragik von Interpol und der dreckschnauzigen Attitüde von Idles, was sie insgesamt ein bisschen mehr in Richtung Indie rückt und zudem ein gewisses Händchen für ruhiges Songwriting aufzeigt. Zwar haben Fontaines D.C. auch keine Schwierigkeiten damit, einen rhythmischen Brecher wie Living in America oder den Titelsong zu performen, doch sind schon die hier eher zurückhaltend formuliert. Und besonders wird diese Band immer dann, wenn sie ein paar Gänge zurück schaltet. Dann entstehen im besten Fall Tracks wie You Said oder I Don't Belong, die wirklich auf emotionaler Ebene triggern und bei denen eine bestechende Schwermut zutage tritt, die eben nicht diese typisch Goth-mäßige Ian Curtis-Tragik ist, sondern eine ganz eigene, viel leichtere und harmonischere. Leider sind es nur wenige Stellen, an denen diese Art von Songwriting wirklich strahlt, doch sind die es wirklich wert. Und es ist nun auch nicht so, als würde diese Platte sonst nur aus Müll bestehen. Das Futter von A Hero's Death besteht ebenfalls aus vielen sehr gut gespielten klassischen Postpunk-Nummern, die als solches auch sehr unterhaltsam sind, nur eben auch nichts neues. Wenn ihr eine gute Genre-LP hören wollt, die ein paar übliche Punkte abcheckt, ist das hier auf keinen Fall verkehrt. Wenn ihr wie ich aufgrund des großen Angebots ein bisschen mäklig geworden seid, ist es immer noch okay. Und selbst wenn ihr klassischen Postpunk nicht so super findet, aber dafür Leute wie Parquet Courts oder die frühen Bloc Party mögt, könnte das punktuell euch gefallen. Ich will nicht sagen, dass diese Platte für alle etwas bereit hält, aber sie funktioniert etwas besser für eine Laufkundschaft, als das einige artverwandte Acts tun. Und wo das für mich zwar einerseits bedeutet, dass hier noch viel Luft nach oben ist, heißt es auch, dass wenig falsch gemacht wird. Und dass ich dieser Band ihren momentanen Erfolg durchaus gönnen. Bleibt nur die Frage, wie lange das noch gehen wird.




Hat was von
King Krule
Man Alive

Interpol
Turn On the Bright Lights

Persönliche Höhepunkte
I Don't Belong | A Lucid Dream | You Said | A Hero's Death | Living in America | I Was Not Born

Nicht mein Fall
Love is the Main Thing

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