Mittwoch, 6. Mai 2020

Meister Kwame und der kleine Tom

[ badass | trappig | modern ]

Man kann über einen Rapper wie Kwam.e definitiv so einiges sagen, doch dass er ziemlich immenses Talent hat, ist gewissermaßen ein Fakt. Nicht nur ist er in den letzten Jahren einer der wenigen deutschsprachigen Szene-Newcomer, die tatsächlich Wert auf gute Technik und abwechslungsreiche Flows legen, sondern auch einer, der auf diese Weise einen sehr eigenen lyrischen Style etabliert hat. Allein diese beiden Eigenschaften haben ihm seit seiner Debüt-EP Whut Da Phunk von 2018 gereicht, um einen ziemlichen Unterschied zu machen und ihn auf ziemlich viele Hiphop-Hotlists der letzten Jahre zu bringen. Für einen junger Künstler einer Post-Cloudrap-Generation ist er dabei allerdings auch ziemlich wertkonservativ, was seine Gefühle zu Rap angeht, und mehr als einmal hat mich das in der Vergangenheit auch schon etwas verstört. Denn nicht nur ist er klanglich und textlich ganz klar ein Kind der Hamburger Neunziger-Szene, sondern kollaborierte auch schon mit Leuten wie Samy Deluxe (!) und Das Bo (!!). Und dass er damit schon irgendwie einen Unterschied macht, ist mittlerweile hinreichend festgestellt. Nur ist es ein bisschen schade, das noch immer nicht auf einem vollwertigen Debütalbum gehört zu haben. Mit Izza und Original Rudeboy Vol. 1 erschienen 2019 zwar gleich zwei ziemlich gut gemachte EPs, doch waren auch die eher Einblicke in verschiedene Facetten seines Repertoires, denen er jetzt mit Concrete Cowboys indirekt eine weitere hinzufügt. Zusammen mit Szene-Protegé Tom Hengst, mit dem er die nonchalante Attitüde und den Hang zu Reggae-Anspielungen teilt, entsteht hier seine bisher vielleicht modernste EP, die Einflüsse aus Trap- und Poprap nicht mehr zu verstecken sucht. Die Orientierung geht dabei zwar eher in Richtung der hartnäckigen Styles von Leuten wie Jace oder OG Keemo, doch ist das hier definitiv ein sehr zeitgenössischer Sound. Ein weiteres Mal ist es dabei erstaunlich, wie gut Kwam.e darin ist, seine Beats handzuverlesen. Instrumental gesehen ist Concrete Cowboys durchweg ziemlich genial, ob nun in Form von deftigen Brettern wie Broly oder eher chilligen Nummern wie Was geht, was auf jeden Fall für die stilistische Vielfalt dieses Künstlers spricht. Nur muss man leider sagen, dass die EP auf lyrischer Seite ein bisschen flach fällt. Und so unschön es auch ist, das so deutlich zu formulieren, aber das Hauptproblem ist in dieser Hinsicht Tom Hengst. Sicher ist es ein edler Move, dass jemand wie Kwam.e, der gerade jetzt viel Medienaufmerksamkeit auf seiner Seite hat, hier einen jüngeren Newcomer CCN-mäßig mitziehen will und durch so eine umfassende Zusammenarbeit pusht, nur ergeben solche Methoden nur dann Sinn, wenn diese Leute auch was drauf haben und ihren Teil zu so einem Release beitragen können. Und zumindest für meinen Geschmack ist Hengst einfach zu gesichtlos, um neben einem Kwam.e, der ja schon sehr viel eigenen Charakter ausformuliert hat, nicht bescheuert auszusehen. Zwar sind seine Parts auf diesem Album keinesfalls total furchtbar oder so, doch eben auch nichts besonderes. Man merkt das besonders immer dann, wenn er in einem Song die erste Strophe hat und eigentlich ganz vernünftig abliefert, nur um danach von einem völlig durchgeknallten Kwam.e mit epischen Doubletime-Punchlines an die Wand geflowt zu werden. In Momenten wie diesen ist die Paarung sogar ein bisschen fies, da große Teile des Hengst-Beitrags im Kontext schlechter wirken als wenn er solo performen würde. Und das, obwohl sein Partner auch schon mal bessere Texte geschrieben hat als hier. Schlussendlich ist Concrete Cowboys damit zwar nicht schlecht, aber für alle Beteiligten irgendwie kontraproduktiv: Tom Hengst bekommt hier nicht den versprochenen Promo-Push, Kwam.e erfährt Wertminderung durch seinen Konterpart und ich als Zuhörer Tracks mit nur einer guten Strophe. Man kann also durchaus bessere Platten von beiden Rappern finden als diese hier. Wobei ich besonders schade finde, dass es solche Nummern sind, die uns 2020 immer noch von einem vernünftigen Kwam.e-Debüt trennen.



Hat was von
Jace
Wo ist Jacek

LGoony & Crack Ignaz
Aurora

Persönliche Höhepunkte
Ausweis | Was geht | Barkeeper | Broly | Lass ma

Nicht mein Fall
Handy klingelt


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