Montag, 27. November 2017

What's My Name?

Dass die ehemals als Thee Oh Sees bekannte Band 2017 inmitten einer kleinen Identitätsumstrukturierung steckt, sollten diejenigen, die sie schon länger kennen, vielleicht mitbekommen haben. Dass sie im Sommer das "Thee" aus ihrem Namen strichen, war definitiv ein erster Hinweis, aber ganzheitlich auch erst der Anfang. Zumindest erkannte man da noch die Band von früher und auch musikalisch war ihr neues Album Orc den Sachen von vorher ziemlich ähnlich. Mit dessen Quasi-Nachfolger Memory of A Cut Off Head ist das ganze schon nicht mehr so einfach. Hätte ich nicht im Vorfeld dieser Veröffentlichung gewusst, wer hinter dieser ominösen Platte steckt, ich hätte wahrscheinlich nicht an Thee Oh Sees gedacht. Denn nicht nur ändert die Formation ihren Bandnamen hier bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres, auch stilistisch ist dieses Album hier ein ziemlicher U-Turn. Wer die Musik der Kalifornier bisher kannte, wird sicherlich schwerlich glauben, dass es von ihnen jemals etwas anderes geben würde als sehr guten, psychedelischen Kraut-Garagenrock mit dicken Jam-Eiern. Und entsprechend erstaunlich ist es auch, wie souverän und perfektioniert sie ihr Betätigungsfeld hier ausweiten. Memory of A Cut Off Head ist dominiert von jazzig getünchten, leichtfüßigen und größtenteils akustischen Hippie-Songs, die eine ungeahnt softe Seite der Band zeigen. Zwar ist das wichtigste Einflussgebiet hier noch immer die späten Sechziger bis frühen Siebziger, doch statt Neu! und Jefferson Airplane sind es hier Nico, die Rolling Stones, Donovan, der frühe David Bowie und vielleicht ein bisschen Leonard Cohen. In zeitgenössischen Begriffen stehen sie damit Schulter an Schulter mit Leuten wie Foxygen, Kurt Vile oder Cass McCombs, wobei sie ihr Handwerk mindestens ebenso gut beherrschen wie die. OCS' Ansatz an vorgegebenen Sound ist noch etwas mehr Chanson-orientiert als bei den meisten anderen und ist sich nicht zu Schade, auch Synths und Streicher in den Mix einzubauen, das wichtigste sind jedoch die fantastischen Melodien auf diesem Album. Bar von allen kaschierenden Effekten und fast immer mit zwei Vokalspuren erschaffen die Kalifornier hier ein großartiges Werkstück an hippiesker Folkmusik, das ihrem bisherigen Output in keinster Weise nachsteht. Es gibt jazzige Nummern wie den Titelsong und the Remote Viewer, meditativ-experimentelle Stücke wie Time Turner (das extrem an Velvet Underground erinnert), mit On and On Corridor einen kurzen Krautrock-Ausflug und mit the Chopping Block einen Song, der im Prinzip Space Oddity ist. Das alles ist zwar ein bisschen nachgemacht, aber es macht großen Spaß zu hören und billige Kopien sind diese Tracks auf keinen Fall. OCS sind hier mit viel Liebe dabei und das ist eine Sache, die ich bei ihnen schon toll fand, seit ich ihre Musik höre. Insbesondere für Fans der Ära, an der sich die Band hier bedient, dürfte diese LP eine wahre Freude sein, da hier wirklich fast alle Details stimmen. Und denjenigen, die sich die Oh Sees von früher zurückwünschen, kann ich zumindest gut zusprechen: Im Moment ist völlig unklar, was diese Leute als nächstes machen, also könnte es auch genauso gut wieder der alte Kram sein.





Persönliche Highlights: Memory of A Cut Off Head / Cannibal Planet / the Remote Viewer / On and On Corridor / Neighbour to None / the Chopping Block / Time Turner / Lift A Finger by the Garden Path

Nicht mein Fall: -

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