Montag, 6. November 2017

Rückfall!

Wenn man sich die letzten zwei Jahre in der aktuellen Hiphop-Szene so betrachtet und diese mal eins zu eins mit dem vergleicht, was ich hier die ganze Zeit so schreibe, wird sicherlich auffallen, dass ich seit einiger Zeit Besprechungen über zwei der vielleicht erfolgreichsten Rapper im Game völlig unterschlage. Future und Young Thug haben sich in besagter Periode unabhängig voneinander zu festen Größen entwickelt, sowohl in der Szene als auch im Mainstream. Ihre Singles sind in den Charts, alle wollen Features mit ihnen und inzwischen ist ihre eher Radio-kompatible Interpretation von Traprap fast so stilprägend wie Gucci Mane oder Migos. Wieso zur Hölle schreibe ich also nicht darüber? Die Erklärung ist ziemlich einfach: Ich habe keine Lust mehr darauf. Seit einer halben Ewigkeit verfolge ich beide Künstler jetzt schon und während all dieser Zeit haben die zwei nichts anderes getan, als musikalisch in ihrem eigenen Saft zu schmoren. Und wo das vor zwei bis drei Jahren wenigstens noch bedeutete, dass ihre Mixtapes großartige Banger-Schmieden waren, gehen ihnen seitdem mehr und mehr die Ideen aus. In meinem letzten Artikel über ein Future-Album, und zwar Evol vom April letzten Jahres, schrieb ich klar und deutlich, dass ich über diesen Typen erst wieder schreiben würde, wenn er etwas veröffentlicht hat, das ein klein wenig spannender wäre. Woran ich mich bis jetzt auch gehalten habe. Bei Young Thug war ich sogar noch ein bisschen ungeduldiger und packte bei der Besprechung zu Slime Season 3 gleich die Meme-Keule aus (Beide Posts sind leider durch den Absturz meiner Webseite im Daten-Orkus gelandet und nicht mehr abrufbar). Dass ich so handelte war eine Erlösung, denn sich in den letzten 22 Monaten mit jedem mittelmäßigen Mixtape der beiden zu beschäftigen, hätte mir wertvolle Zeit gestohlen. Und ich bin noch immer der Meinung, dass ich dadurch nicht wirklich viel verpasst habe (bis auf Futures Mask Off, das ist echt einer der besten Songs des Jahres!). Zumindest bis jetzt. Denn wenn mich schon keiner von ihnen alleine aus meinem Dornröschenschlaf erwachen lässt, dann müssen es eben beide sein. Man kann sagen was man will: Wenn zwei der erfolgreichsten Rapper unserer Zeit, die einer wie der andere wichtige Fackelträger des Southern Hiphop sind, ein komplettes gemeinsames Album machen, dann ist man einfach mal hyped. Super Slimey hat schon rein durch seine personellen Gegebenheiten das Potenzial, so etwas wie das Watch the Throne der Atlanta-Szene zu werden, und so ein Ereignis will man als Rap-Fan nun mal nicht verpassen. Außerdem spreche ich zumindest Future durchaus ein Talent für derartige Kollaborationen zu, nachdem er bereits 2015 auf seiner LP mit Drake komplett abgerissen hatte. Unterm Strich kann man also sagen, dass ich auf Super Slimey einigermaßen gespannt war. Und nachdem ich es mir nun auch hinreichend zu Gemüte führen konnte, muss ich sagen, dass ich einigermaßen überrascht von meinem Befund bin. Es ist auf der einen Seite definitiv kein Watch the Throne geworden, auf der anderen ist es dafür ein bisschen das, was ich von diesen beiden Rappern nach zwei Jahren Abstinenz hören wollte. Und dabei weiß ich noch immer nicht, ob die Beendigung selbiger dafür jetzt gut war hat oder nicht. Denn im Moment fühlt es sich eher an wie ein richtig mieser Rückfall. Wobei es zu Beginn erstmal gar nicht danach aussah: Als ich zum ersten Mal die eröffnenden Takte des Openers No Cap anhörte, war ich direkt ziemlich resigniert: Das war genau die gleiche Kacke, wegen der ich vor zwei Jahren eigentlich aufgehört hatte, das zu hören. Und auch in den nächsten drei Songs wurde es nicht wirklich besser. Future und Young Thug traten hier augenscheinlich weiterhin auf der Stelle und ich war schon kurz davor, wieder zurück in den Entzug zu gehen und weitere zwei Jahre dort zu vergammeln. Doch dann kamen Tracks wie 200, Patek Water und vor allem das fantastische Killed Before und langsam fing der Mist an, mir wieder zu gefallen. Die bunten, schillernden Beats, die geholperten Punchlines, Young Thugs exzentrischer Flow, die aberwitzigen Texte und und und. Spätestens beim dritten Durchlauf der LP war ich wieder vollkommen hooked und habe inzwischen aufgegeben. Dieses Album ist großartig und es ist wieder wie vor drei Jahren, als das alles zum ersten Mal passierte. Wobei, auch nicht ganz. Denn das Material auf Super Slimey ist definitiv nochmal verbesserter Stoff. Mit den mittlerweile eindeutig zur Schau gestellten Pop-Bezügen, den eigenwilligen Beats, dem stärkeren R'n'B-Charakter und der wesentlich schneidigeren Produktion ist das hier klanglich definitiv ein Upgrade, das sich gelohnt hat. Und es repräsentiert Future und Young Thug auch als die erfolgreichen Rapper, die sie mittlerweile sind. Gleichzeitig schaffen sie es aber auch, den Bezug zur Szene nicht zu verlieren und jedem Song hier das Atlanta-Label tief ins Fleisch zu brennen. Das Ergebnis ist dabei nicht weniger als das beste Album aller beider Künstler seit sehr langer Zeit und eines, das mal wieder beweist, warum sie gerade dort sind, wo sie sind. Man hatte das zuletzt vielleicht ein bisschen vergessen, aber es gab eine Zeit, da hörte man Future und Young Thug, weil sie exzentrische und riskante Rapmusik machen. Auf Super Slimey erlebt man genau diesen Zustand wieder, nur dass die silberne Rolex diesmal echt ist.





Persönliche Highlights: No Cap / 200 / Cruise Ship / Patek Water / Real Love / Killed Before / Mink Flow / Group Home

Nicht mein Fall: -

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