Dienstag, 21. November 2017

Okkult ist Kult!

Ich rede immer sehr gerne davon, wie vor gerade mal fünf Jahren oder so Bands wie Graveyard, Kadavar und Radio Moscow eine neue Ära des rustikalen, psychedelischen Doom-Metal eingeläutet haben und wie krass das doch alles verändert hat, aber wenn ich das sage, rede ich in Wahrheit nur über mich. Denn während ich im Sommer 2011 die angebliche Offenbarung des Hisingen Blues als die Auferstehung des Sounds von Black Sabbath, Saint Vitus und Candlemass feierte, gab es schon seit gut 20 Jahren eine Band namens Electric Wizard, die genau das schon ihre gesamte Karriere lang machte. Und eigentlich sollte das auch bekannt sein. Denn als einer der härtesten und dreckigsten Acts im Fachbereich Doom Metal haben die Briten schon lange einen gewissen Ruf, der sich leider viel zu häufig auf ihr 2000 veröffentlichtes Konsensalbum Dopethrone beschränkt. Wenn man mich fragt, ist der Output dieses Kollektivs einer der über lange Zeit stabilsten innerhalb der Szene, der auch nach nunmehr über zwei Dekaden nicht langweilig wird. Und gerade die letzten Jahre waren in dieser Hinsicht besonders spannend: Mit dem 2010 veröffentlichten Black Masses lockerte die Band ihren Sound erheblich auf und machte ihn offener, was Raum für vielfältige Veränderungen bot, von denen Electric Wizard seitdem mit jeder neuen LP ein paar ausprobieren. Mit Wizard Bloody Wizard toben sich die Briten diesmal ein wenig im Gebiet des psychedelischen Blues- und Acid-Rock der späten Sechziger aus, was schon in der Theorie eine ziemlich coole Sache war. Verschwurbelte Kiffmukke war schon immer eine der heimlichen Stärken der Band und dass sie diese Ecke der Pop-Historie jetzt offiziell erforschen wollten, machte große Hoffnungen. Und tatsächlich ist diese neue Platte unter Umständen eine ihrer bisher besten geworden. Wobei man sich nichts einzubilden braucht: Besonders waghalsig ist das Unterfangen hier nicht. In den grundsoliden Doom-Beton ihres üblichen Sound mischen Electric Wizard hier ein paar Flowerpower-Anspielungen, Hendrix-Riffs und trippige Orgeln und fertig ist der Lack. Das ist weder irgendwie experimentell noch irgendwie künstlerisch noch wirklich neu für diese Band. Aber es klingt verdammt nochmal fett und letztendlich ist das die einzige Prämisse, die ich mir beim hören hier gesetzt habe. Und was das angeht, macht Wizard Bloody Wizard auch von Anfang an keine Gefangenen. Das Eröffnungsriff des Openers See You in Hell ist direkt maximal Dampfwalze und dabei ist das noch einer der melodischeren Songs hier. Gefühlt driftet diese LP mit jeder vergangenen Minute ein Stückchen weiter in die doomige Versumpfung und verliert dabei auch gleich proportional an Tempo. Spätestens das elfminütige Abschlussstück Mourning of the Magicians ist dann ein Genre-Standard im besten Sinne, bei dem man schon vom bloßen Hören stoned wird. Auf dem Weg dorthin nehmen Electric Wizard aber immerhin allerhand schöne Momente mit. Sei es das fast an Led Zeppelin erinnernde, schmissige Necromania, das liebevoll mit Orgeln ausgestattete the Reaper oder das sehr retro-fixierte Wicked Caresses, so gut wie jede Sekunde dieses Albums macht extrem viel Spaß. Einen wirklich peinlichen Moment oder gar einen schlechten Song kann ich hier nirgends ausmachen und auch wenn die Band hier sehr risikoarm arbeitet, das muss man erstmal schaffen. Sicher, man könnte anprangern, wie wenig originell das, was Electric Wizard hier machen, am Ende ist. Aber ganz ehrlich: Wir reden hier über Doom Metal. Das letzte Mal, als hier was wirklich neues passiert ist, konnte Ozzy Osbourne noch selbstständig essen. Etwas besseres als gute Nostalgie ist erfahrungsgemäß bei den meisten nicht mehr drin. Und immerhin ist diese Band noch immer die beste darin.





Persönliche Highlights: See You in Hell / Necromania / the Reaper / Wicked Caresses / Mourning of the Magicians

Nicht mein Fall: -

CWTE auf Facebook

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen