Samstag, 10. Januar 2015

Spot the Difference

ARCHIVE
Restrictions
Dangervisit
2015















Neben einem müden, paranoiden Tricky und den mittlerweile zum Luxusgut mutierten Massive Attack und Portishead sind Archive als letztes Überbleibsel der TripHop-Kultur auf keinen Fall zu unterschätzen. Während sie mir früher immer nur wie das vorkamen, was man heutzutage "gute Kopisten" nennt, habe ich zuletzt festgestellt, dass sie können, wenn sie wollen. Das 2012 veröffentlichte With Us Until You're Dead war zwar noch ein bisschen lauwarm, aber hatte schon einige tolle Songs in petto. Erst vor acht Monaten setzte der Soundtrack Axiom noch einen drauf, in dem er das pathetische Potenzial der Briten mal so richtig ausschöpfte und mit Distorted Angels einen grandiosen Über-Song beinhaltete. Dass die Band sich nicht vor großen Gesten und überkandideltem Streicher-Tant scheute, gab ihr ebenfalls einen Pluspunkt. Und die Tatsache, dass jetzt schon wieder ein richtiges neues Album draußen ist, finde ich da natürlich auch nicht schlecht. Restrictions soll Archives Rückkehr zur Normalität sein: Keine Konzeptplatten, kein cineastisches Begleitmaterial, einfach nur die Songs selbst. Dabei dürfen dann auch die üblichen Parameter mal beiseite geschoben werden. Den handelsüblichen TripHop-Konsens verlässt die Band wie schon auf vorigen Alben häufig zugunsten von Experimenten, die in der Theorie ziemlich dämlich klingen. Der Opener Feel It versucht sich als Punk-Nummer, Die apokalyptische Ballade End of Our Days spielt mit Christina Perri-Anleihen und Ruination pendelt zwischen Reggea, Funk und Kele Okereke. Erstaunlicherweise funktionieren aber all diese Ausreißer ziemlich gut. Zumindest sorgen sie dafür, dass Bewegung in die Tracks kommt und diese aus dem Gesamtkontext herausgehoben werden. Dort, wo noch Luft nach oben ist, hapert es eher am noch etwas zu schlampigen Songwriting oder an billigen Texten. Wo sich Archive jedoch wieder mal einen Orden verdient haben, sind die Sänger auf Restrictions. Die Briten haben bekanntermaßen ein paar mehr davon, die sie auch diesmal perfekt an die Stimmung jedes Stücks anpassen und die Platte trotzdem irgendwie binden. Einen so großartigen Einzeltrack wie Distorted Angels gibt es hier zwar nicht, dafür liefert die Band hier eine sehr solide Gesamtleistung, auch instrumental und produktionstechnisch. Diese neue LP lotet ihre Grenzen weiter aus und verankert Archive im Status einer kreativen Popband, die Wandlungsfähigkeit und Spannung mit Löffeln gefressen hat. Weiter so!
8/11

Bester Song: Crushed

Nicht mein Fall: Half Built Houses

Weiterlesen:
Review zu Axiom (Archive):
zum Review

Review zu Protection (Massive Attack):
zum Review

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