Mittwoch, 21. Januar 2015

Kontrolle ist besser

LUPE FIASCO
Tetsuo & Youth
1st & 15th
2015















Wie nach jedem seiner bisherigen Alben steht Lupe Fiasco gerade am Ende einer schwierigen Phase. Wenn man einer der größten Namen des modernen Pop-Rap ist und gleichzeitig Kritikerliebling, dann hat man es nicht leicht. Nach seinem gefeierten Debüt im Jahr 2006, welches gleichzeitig ein kommerzieller Hit und ein intellektuell-provokantes HipHop-Werk war, verzettelte sich der MC mit Konzeptplatten, schlechter Produzentenwahl, Autotune und seinem eigenen Label. Nachdem er sich nach seinem letzten Streich Food & Liquor II: the Great American Rap Album Pt. 1 eine Pause vom eigenen Wahnsinn gönnte, ist Tetsuo & Youth jetzt wieder mal ein Neuanfang. Fiasco will wieder experimenteller werden, sich musikalisch öffnen und das in möglichst großem Stil. Dafür hat sich der Künstler hier die Siebenmeilenstiefel angezogen und ein Album aufgenommen, das in jeder Hinsicht beeindruckend ist. Was auch klar ist: Wenn man in viele verschiedene Richtungen gehen und sich stilgerecht weiterentwickeln will, dann reichen die 78 Minuten, die der Rapper hier füllt, gerade so. Doch damit nicht genug. Tetsuo & Youth verfügt auch über drei Tracks über acht Minuten und eine halbe Armee von Featured Artists, die Lupe Fiasco für diese Songs handverlesen hat. Im Hintergrund unterstützen den Interpreten mindestens genauso viele Produzenten sowie ein ganzes Orchester. Dass es bei so einem Aufwand unvermeidlich ist, auch Risiken einzugehen, kommt erschwerend hinzu. Und dass der Chef das hier alles mit spielender Leichtigkeit zu koordinieren weiß, ist dann doch eine Überraschung. Nicht, dass wir nicht gewusst hätten, was ein Lupe Fiasco alles kann, doch dass nach so langer Flaute jetzt gleich die perfekte Welle kommt, ist Bewunderung wert. Die Hits klingen hier genau so gut wie die Songs, die etwas ab vom Schlag sind und auch über fast zehn Minuten behält der Rapper hier die volle Kontrolle, wie Mural eindrucksvoll beweist. Was ebenfalls wirklich cool gemacht wurde, sind die Einflüsse aus der klassischen Musik wie in Spring oder Fall. Mit dem Ende von Dots & Lines erleben wir auch das vielleicht beste Banjo-Solo auf einem HipHop-Album. Natürlich gibt es hier auch wieder die etwas poppigeren Stücke, die mit Trap-Beats und Hook-Features schon eher das Klischee bedienen, aber auch hier beweist Fiasco ein Händchen für Stil. Vor allem die mir unbekannte Sängerin Troi hat hierbei eine Paraderolle. Wenn also auch das hinhaut, bleiben unterm Strich nur Details, die hier nicht passen. Und auch die kommen im Gesamtkontext als Stärken durch. Nach einer ziemlich langen Durststrecke macht dieser MC hier das Album, auf das alle so lange gewartet haben. Und mehr. Da ist man als Kritiker eigentlich am Ende seines Lateins. Und war nie so froh darüber.
9/11

Beste Songs: Mural / Body of Work / Adoration of the Magi

Nicht mein Fall: No Scratches

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Review zu You're Dead (Flying Lotus):
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