Mittwoch, 21. Januar 2015

Hope You Like Jammin'

THE BOATS
Segundo
Sound Zoo
2015















Wenn es um die Fokussierung einer Band auf ein Album geht, sind Australier die wahren Weltmeister. An the Revolution is Never Coming, dem Debütalbum von the Red Paintings wurde ganze fünf Jahre lang herumgedocktert, das Ergebnis war jedoch ein bis in die Spitzen perfektioniertes Gesamtwerk, das all seine Mühe wert war. Angesichts einer Wartezeit von sage und schreibe acht Jahren für Segundo, das Zweitwerk von the Boats, mag man auch von einer ähnlichen Arbeitsweise ausgehen. Doch weit gefehlt: Diese Platte der Postrocker aus Melbourne entstand zum größten Teil binnen 48 Stunden und ist von vorn bis hinten improvisiert. Im Sommer 2006 buchte die Band ein Studio und legte mit nur wenigen vorher geprobten Riffs auf gut Glück los. Ein mutiger Ansatz für ein ganzes Album und ein Fakt, den man anerkennen muss, wenn man Segundo anhört. Denn obwohl hier im Nachhinein noch ein paar Details angepasst und geschnitten wurden ist das hier kein ausformuliertes und in zig Takes durchgestyltes Song-für-Song-Werk, sondern eigentlich nicht mehr als eine in den Status eines Longplayers erhobene Session. Und das hört man den Songs auch an. Keiner der sieben davon kommt unter sechs Minuten davon und jeder ist dabei in ständiger Bewegung. Wer schonmal gehört hat, wie Postrock-Bands zusammen jammen, kann das vielleicht besser nachvollziehen und versteht auch meine Faszination für diese Arbeit. Denn wie das Zusammenspiel der Instrumente, die sich nicht nur auf die klassiche Gitarre-Bass-Schlagzeug-Besetzung beschränken, hier funktioniert, ist bemerkenswert. Bläser, Streicher und Klavier kommen hier genau so zum Einsatz wie eine zauberhafte Sitar in There's Not A Fire That Can Warm Us. Und wie das alles hier durch einen Mäander nach dem anderen kreiselt, ist dann schon ein Schauspiel, bei dem man als Hörer gerne live dabei gewesen wäre. Doch einen dicken Haken hat die Sache: Segundo ist zwar als Session eine wahre Freude für jeden Fan ausgedehnter Jams, doch das Niveau eines richtigen Albums erreichen diese Songs nie. Zu sehr ist das ganze aus dem Moment geboren und zu sehr fehlt hier der letzte Schliff an jeder Ecke. Und manch einen, der die acht Jahre brav gewartet hat, enttäuscht das vielleicht. Der hätte sich vielleicht lieber auch eine perfektionierte, gut abgestimmte Schnittmenge gewünscht. Aber das ist ja zum Teil auch das Risiko, das man als Postrock-Fan immer eingehen muss. Wenn ich allerdings nicht gewusst hätte, dass es sich hier um improvisierte Tracks handelt, hätte ich ehrlich gesagt wenig von diesem Album gehalten. Als Live-Dokument ist es jedoch beeindruckend und gibt dem Medium der Jam-Platte wieder einmal seine Berechtigung. Auch wenn eine normale LP jetzt nicht gleicht wieder acht Jahre brauchen muss.
7/11

Bester Song: Seize the Stars and Turn Them Into Cinders

Nicht mein Fall: -

Weiterlesen:
Review zu Kirtland (Glacier):
zum Review

Review zu the Revolution is Never Coming (the Red Paintings):
zum Review

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